Freitag, 8. Oktober 2010

Freie Meinungsäußerung mit Risiken und Nebenwirkungen

Wir leben in einer Demokratie. In der Tat, weiß doch jeder. Und weil das so ist, dürfen wir alle unsere freie Meinung äußern. Ist doch so, oder irre ich mich? Das steht sogar in Art. 5 des Grundgesetzes. Lohnt sich übrigens den mal nachzulesen.

In letzter Zeit scheint mir die Realität etwas anders vorführen zu wollen. Und das mehrfach. Ist schon sehr auffällig diese Gegenteilsbeweisführung.

Beispielsweise lebe ich davon meine Meinung zu sagen, beziehungsweise öffentlich kund tun zu dürfen. Ich schreibe unter anderem für Zeitungen. Die Redaktionen schicken mich zu einer Veranstaltung, meistens kultureller Art, weil ich mich da am Besten auskenne. Ich gehe dann da hin und guck mir alles an. oder ich höre und schaue aufmerksam zu und manchmal, wenn der Künstler Zeit hat und Laune, spreche ich mit ihm über seine Kunst um seine Meinung zu hören. Dann gehe ich wieder nach Hause, setze mich an den PC und schreibe meine Meinung. Das Endprodukt ist die Rezension, zu deutsch: die Kritik.

Tage später lese ich dann meinen Artikel. Und was ich da lese ist entweder sehr zusammengeschrumpft, auf Kosten wirklich schöner Sprache oder Satzteile, oder, das passiert auch, ich erkenne den Artikel nicht wieder. Bisweilen werden da die Worte herumgedreht, also derart verdreht, dass die Aussage des von mir ursprünglich Gemeinten eine völlig andere ist. Im Zweifel keine Kritik mehr, sondern eine Lobeshymne.

Was soll ich da sagen? Sage ich man was und bestehe damit auf mein Recht auf Meinungsfreiheit, oder schweige ich still, wohlweißlich, dass man als unbequemer, auf seine Meinung bestehender Autor im Zweifel gar nichts mehr sagen, bzw. schreiben darf und das heißt im Klartext: man wird nicht mehr gedruckt.

Ich habe entschieden, dass ich den Mund halte, weil ich ja was essen muss und Miete zahlen und alles was man sonst so muss. Aber - ich nehme die Herausforderung an zwischen den Zeilen zu schreiben, so dass das, was ich meine, die, die zwischen den Zeilen lesen können, es auch lesen können. Man wächst an seinen Aufgaben.

Übrigens, Meinungsfreiheit ist auch an Authentizität gekoppelt. Das Thema hatte ich schon in diesem Blog. Alle lieben es authentisch. Solange man es nicht ist. Seine freie authentische Meinung soll jeder verkünden dürfen, unter Freunden sowieso. Solange sie dem Anderen in den Kram, beziehungsweise in die eigene Realität passt, musste ich just feststellen.

Also ich sage ohne bösen Vorsatz und ohne die Absicht verletzen zu wollen, meine authentische "aus dem Bauch heraus freie Meinung" und merke, kaum, da sie mir über die Lippen gekommen: das kann derartige Nebenwirkungen haben, dass man am Ende keinen Freund mehr hat, jedenfalls keinen, von dem man gedacht hat er wäre es, oder könnte es werden. So ist das mit der Meinungsfreiheit, der Authentizität und der individuellen Realität.

Lerneffekt: Die eigene Meinung immer und überall zu verkünden hat Risiken und Nebenwirkungen. Da muss ich nicht mal meinen Arzt oder Apotheker fragen, das spüre ich am eigenen Leibe.

Ich kann aber auch den Mund nicht halten. "Bis Du mal eins auf die Fresse kriegst", meint meine beste Freundin.



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