Montag, 28. Februar 2011

Herr Guttenberg oder die Achtung vor dem geistigen Gut

Eigentlich interessiert mich Politik recht wenig und Politiker noch weniger. Doch auch an mir geht die Diskussion zum Thema Guttenberg nicht spurlos vorrüber. Seit Wochen lese ich mehr oder weniger unfreiwillig, überall in den Schlagzeilen die Geschichte vom guten Mann Guttenberg, dessen scheinbar weiße Weste ziemlich dreckig geworden ist.


Da steht er nun, mit gegeltem Haupthaar und schickem Outfit, gestylt wie eh und je, vor dem Urteil des Volkes, er, der Adler im Hühnerkäfig, der das Herz der Deutschen im Flug eroberte, weil er so anders ist, so adelig, so fein, so wie alle irgendwie gern sein wollen. Eine schöne Projektionsfläche für alle guten Eigenschaften und Dinge, die Mensch so haben kann, Intelligenz, Macht, Güter, Wohlstand und noch dazu blaues Blut in den Adern. Das hätten wir doch alle gern in dieser "Haben" Gesellschaft, die das "Sein" nicht begriffen hat und niemals begreifen wird. Schade eigentlich.


Der Mensch, besonders der Deutsche, liebt solche Vorbilder und hebt sie in den Himmel. Genauso schnell aber lässt er, was er einst erhöhte, wieder fallen, wenn sich am Objekt der Begierde der Makel zeigt.


Nun, ich persönlich mochte die Attitude des Herrn Guttenberg nie sonderlich. Ich mochte auch das Verhalten seiner Gattin Gräfin von Bismarck - Schönhausen nicht sonderlich, die sich als Jägerin potentieller Sexualstraftäter in Allianz mit dem Sender RTL 2 auf die Hetzjagd begab um die Bösen im Lande in die Falle zu locken. Irgendwie hat das keinen Stil. Seltsam, dass sich nun der eigene Gatte als "Böser" outet, wenn auch nur als einer, der von anderen abschreibt, was er selbst nicht zu denken und zu erarbeiten geneigt ist und das auch noch, erst mit dem Rücken an der Wand stehend, zuzugeben bereit ist.


Dumm gelaufen, Ironie des Schicksals, oder Bumerang Effekt, nach dem Motto: "Tu anderen nichts, was du nicht angetan haben möchtest?"


Die Hetzjagd der Medien, die die Gräfin mitinszenierte und die der Gräfin einiges an, pardon, für meinen Geschmack, nicht ganz sauberem Geld eingebracht hat, ist nun im adeligen Hause präsent und damit das Gefühl, wie es sich anfühlt, wenn man gejagt und an den Pranger gestellt wird.


Mal ehrlich, würde ein solcher Plagiatsvorwurf den Normalbürger treffen, der Fall wäre längst erledigt, der Betroffene der Lüge bezichtigt, aus seinem Wirkungskreis entfernt, im Zweifel gar des Betrugs angeklagt und kein Hahn würde mehr nach ihm krähen. Ja, so wäre das wohl.


Aber, worum geht es denn eigentlich im Tiefsten bei dieser Sache?


Ich meine, es geht um Ehrlichkeit, erst mal. Wenn ich Mist gebaut habe, einen Fehler gemacht habe, so ist das zutiefst menschlich und es ist eine Sache der eigenen Moral, der menschlichen Werte und des Anstands, einen Fehler einzugestehen und ihn gegebenenfalls zu korrigieren. Das nennt man Liebe zur Wahrheit. Das ist Mut. Das hat Stil und Klasse.


Des weiteren gibt es noch einen Aspekt, den ich für nachdenkenswert halte: Achtung.


Achtung ist ein Wort, das der moderne Mensch wenig achtet. Wir haben es nicht so mit der Achtung. Wir sind eine Wegwerfgesellschaft, eine Konsumgesellschaft und der Konsum trägt die Tendenz zum Wegwerfen in sich. Mir scheint, dass auch die Achtung dieser Wegwerftendenz mehr und mehr zum Opfer fällt. Wer die Dinge nicht achtet, achtet auch die Menschen nicht, denn die Dinge sind von Menschen gemacht. Das nennt man Kultur.


Zu diesem von Menschen geschaffenen Kulturgut gehören auch Worte von Menschen, die sie gedacht und aufgeschrieben haben. Geistiges Gut, das Achtung verdient.


Geistiges Gut, das sind nicht nur Bücher, Bilder, Gemälde, Fotografien, Musik, Ideen und Konzepte, das sind Worte und Gedanken, von Menschen geschaffen, die ihren Geist benutzt haben, die gerungen haben mit sich selbst und dem Werk, mit dem Willen es zu perfektionieren bis zu dem Moment, wo es stimmig für sie war und wahr. Das ist ein Prozess, der neben aller Freude Mühe macht, das ist Arbeit, achtenswürdige Arbeit. So sehe ich das.


Manche, zu diesen gehören bedauerlicherweise auch ein deutscher Minister und eine Bundekanzlerin, sehen das anders. Ja, die Wahrheit hat viele Gesichter und die mehr und mehr herabhängenden Mundwinkel der Kanzlerin sprechen ihre eigene Wahrheit, schön kann diese ob dessen nicht sein.


Nun, jeder hat das Recht auf seine Sichtweise, ich weiß das, so wie ich weiß, dass jeder seine eigene Wahrheit hat und jeder in seiner eigenen Realität lebt und ich versuche das zu achten, auch wenn es mir bisweilen schwer fällt.


Besonders schwer fällt es mir, wenn ich sehe, dass Menschen es mit der Achtung vor dem geistigen Gut von anderen nicht so genau nehmen, oder es schlicht ignorieren. Wenn sie, Wissen, Gedanken und Zitate benutzen - was ich schön finde, denn alles Wissen, alle Gedanken und Zitate kluger Menschen sagen viel Wahres und viel über das eigene Innere, was eigene Worte so vielleicht nicht sagen können - und dann dem, dem diese Worte entsprangen, nicht die Achtung erweisen ihn zu nennen, ganz gleich ob der Urheber tot oder lebendig ist.


Zitieren bedeutet etwas übernehmen, bedeutet, dass ich etwas (be)nutze, was nicht meins ist, es "für" mich sprechen lasse und es sage, oder kenntlich mache, dass ich es "für" mich sprechen lasse. Zitate mache ich kenntlich, in dem ich den Urheber nenne, den geistigen Urheber nämlich. Das macht man doch so, oder?


Ich habe viel gelesen, ich lese, weil ich über mein eigenes begrenztes Denken und meinen eigenen Erfahrungshorizont hinaus wissen will. Und daher erkenne ich, auch wenn ein Zitat nicht gekennzeichnet ist, in dem meisten Fällen, ob die Worte des Zitierenden seinen eigenen Gedanken entspringen, oder "geklaut" sind. Denn genau das sind sie, wenn man zitiert ohne den Urheber zu nennen - gestohlen. Ja, das ist Diebstahl geistigen Gutes. Und das hat mit Missachtung zu tun. Und das missfällt mir sehr.

Sonntag, 27. Februar 2011

gedankensplitter 14

niemand ist frei
wirklich frei
freiheit ist ein radikaler begriff, der immer den kampf impliziert.
er findet in uns selbst statt 

mit dem, was uns unfrei macht.

Freitag, 25. Februar 2011

Herz V



die frau war verliebt. sie war allein zuhause, wie an den abenden zuvor, an denen sie nicht verliebt gewesen war. sie war allein zuhause, obwohl sie verliebt war, in den mann, der sagte, ich liebe dich. die frau hatte sehnsucht nach dem mann, der sagte, ich liebe dich. sie fragte sich, wo er war, der mann mit seiner liebe. 

Grummeln im Bauch ...



Wir täuschen uns alle bisweilen. Manche von uns mehr oder weniger oft. Und wir werden getäuscht, auch das. Auch das kann nur geschehen, weil wir es zulassen.

Nun lassen wir dann etwas zu, wenn wir es wollen, wenn wir offen sind, dem was in uns eingehen will, von außen. Wer nicht klar ist, in dem, was er ist, in dem, was er will, neigt dazu sich in den Fallstricken, die die Täuschung ihm zwischen die Beine wirft, zu verheddern.

Vielleicht lassen wir uns in bestimmten Dingen gern täuschen. Der Mensch liebt Illusionen, auch wenn er es nicht zugibt, auch wenn er weiß, dass in jeder Illusion, neben dem Wunschdenken, die Ambivalenz schwingt. Und Instabilität. Auch das ist der Mensch, wenn er nicht klar ist, in dem, was er ist, in dem, was er will - instabil. Aber so auch durchaus beweglich und nicht starr wie es die Stabiltät ist. Das ist gut.

In den meisten Fällen wissen wir, wann wir uns selbst täuschen und wir wissen auch, wann wir getäuscht werden. Da ist dann dieses seltsame Grummeln im Bauch, das sagt: "Da ist etwas nicht so, wie es sein soll, für dich." Oh ja, der Körper lügt am Schlechtesten. Aber wir ignorieren dieses Grummeln und schütten es zu mit dem zarten Sand der Selbsttäuschung, damit es uns in Ruhe lässt, weil wir uns doch etwas anderes wünschen.

Und wir täuschen uns weiter selbst. Weil es auch schön ist, dem Verstand einmal nicht zu folgen und das Gefühl frei flottieren zu lassen, auch wenn es ambivalent ist, denn das ist schön. Eine Weile, trotz des Grummelns.

Es ist gut Eines zu wissen, wenn sie dann da ist am Ende, die Ent ...täuschung. Sie ist nichts weiter als das Ende der Täuschung, für die wir uns selbst entschieden haben.

Ein gutes Gefühl, selbst zu entscheiden. Ein Gefühl ganz ohne Grummeln im Bauch.









Donnerstag, 24. Februar 2011

herz IV




du 

ich
ein wünschen
einwünschen

mich
in

dich

Kein normaler Tag


Schwerfällig steht die Frau auf. Sie hat das Gefühl keine einzige Stunde geschlafen zu haben. Sie greift nach der Zigarettenschachtel, die auf dem Nachttisch liegt und zündet sich eine ein. Sie will liegen bleiben, wieder einschlafen, aufwachen und wissen, dass es nur ein Albtraum war. Sie will erleichtert aufatmen und den Tag beginnen, wie jeden anderen, einen ganz normalen Tag.

Die Frau bläst den Rauch ins Zimmer. Die Zigarette schmeckt nicht. Sie raucht, weil ihr nichts Besseres einfällt. Tränen laufen ihr übers Gesicht. Sie kümmert sich nicht darum.

Sie kennt es doch, weiß doch, wie er sich anfühlt, der Moment, der das Leben in zwei Teile bricht, der Moment, in dem alles, was es vorher gegeben hat zur Erinnerung an eine blasse Vergangenheit ohne Konturen wird.

Es zu kennen machte es nicht einfacher. An Momente wie diesen gewöhnt man sich nicht. Auch wenn sie sich wiederholen stellt sich keine Gelassenheit ein oder die Sicherheit auch das irgendwie in den Griff zu kriegen. Der Gedanke, man es schon ein Mal geschafft, hilft nichts.

Die Frau will schreien, weglaufen vor dem was ist, verschwinden, sich auflösen in etwas, was leicht ist. Unmöglich, denkt die Frau, und dass aufgeben die feigere Lösung ist.

Dienstag, 22. Februar 2011

A U S H A L T E N

A U S H A L T E N ...

schweres wort
unerträgliches wort
verwünschtes wort
gemeines wort
unsägliches wort
ungeliebtes wort
verhasstes wort
will nicht wort
muss aber wort
inhaltsreiches wort
prüfendes wort

manchmal muss man einfach aushalten

welch ein wort ... aushalten ...

gedankensplitter 13

und wenn wir in augen sehen, sehen wir mehr wahrheit als in allen worten ...

gedankensplitter 12

gefühle lassen sich nicht steuern. sie steuern allenfalls auf eine entwicklung zu. 
das kann alles sein und nichts. 
das kopfdenken wird ausser kraft gesetzt, wenn das herz etwas anderes fühlt, als der verstand uns zu fühlen verordnet.

Sonntag, 20. Februar 2011

Herz III

Die Frau löst sich aus den Armen des Mannes, der sie nicht halten kann. Ihr Blick fällt auf die weinroten Kissen des Bettes. Rot wie Blut heben sie sich vom weißen Bezug ab. Die Frau hebt den Blick, sieht in die Augen des Mannes: "Hat dein Herz jemals so geblutet, dass du Angst hattest, zu verbluten?"

gedankensplitter 11


abhängigkeit ist ungut.
einsamkeit wiegt schwer,
schwer
wie die abhängigkeiten 
von denen wir uns befreit haben.

Samstag, 19. Februar 2011

in anbetracht des scheiterns ...

das gefühl von sinnlosigkeit entsteht dann, wenn wir etwas für uns wertvolles, etwas, das uns unendlich wichtig war, nicht erreichen oder es verlieren.

unsere seele steht dann vor einer mauer, unsere energie gerät ins stocken, wir empfinden lähmung und haltlosigkeit, unser blick fällt in einen leeren raum.

durch die idealisation von lebenskonzeptionen verlieren wir den blick auf andere dinge, die leben sinnvoll machen.

im zweifel haben wir unseren schattenaspekt, den mangel, den wir fühlen, zu unserem lebensinn gemacht.

im idealfall begreifen wir durch den verlust der idealisation, in anbetracht des scheiterns des konzeptes, die sinnlosigkeit dieser wertsetzung und wagen einen neuanfang.

Freitag, 18. Februar 2011

Über die Fallen der Kunstkritik ...

Um mein Brot zu verdienen, spreche und schreibe ich unter anderem über die Kunst, die Bildende, um es genau zu sagen, weil sie mir die Liebste aller Künste ist. Ich verfasse und halte Laudatien, schreibe Texte für Künstlerkataloge und Rezensionen über Kunstausstellungen. Das heißt auch: Ich darf Kunst „kritisieren“. Das Wort gefällt mir aber gar nicht, ich sage lieber „besprechen“ oder „rezensieren“, das hört sich für mich stimmiger an, zudem bin ich der Auffassung, dass Kunst und Kritik keine gute Allianz abgeben.


Kunstkritik ist ein schwieriges Unterfangen, weil jeder ein Kunstwerk anders betrachtet, empfindet und bewertet.


Was dem einen ein visueller Genuss ist, ist dem anderen ein schmerzhafter Dorn im Auge. Man kann weggucken, wenn’s nicht gefällt. Das erlaubt die Kunst, ohne beleidigt zu sein. Apropos beleidigt: Auf dem Portal der Gesellschaft der Freunde der Künste, das ich täglich und gern verfolge, fand ich neulich einen ziemlich beleidigten und zugleich beleidigenden Artikel über das Thema „Kunstkritiker“ und was die alles anrichten können.


Der Tenor des Verfassers war in der Tat sehr beleidigt, es wurde sogar der Name einer Rezensentin genannt, sozusagen als Paradebeispiel für böse „Kritiker“, die Kunst, Künstler und Galerien, durchdrungen von egostischen Motiven oder übler Tageslaune, so richtig schön und mit Genuss niedermachen.


Eine wahrhaft niederträchtige Spezies, die sich, glaubt man dem Verfasser des Artikels, auf Vernissagen herumschleicht, des Gastgebers Prosecco und Häppchen goutiert, sich hofieren und beschleimen lässt, damit sie ja was Gutes schreibt, und dann das journalistische Machtwort ausspuckt um die ganze schöne Kunst mit giftigem Schleim voll zu kotzen. Ja, der Mensch ist des Menschen Wolf und diese Rezensentenspezies gibt es, aber gleich die ganze Kritikerzunft in die Gitfbrühe zu tauchen? Muss das sein?


Ja doch, über Kunst lässt sich streiten, wie über alles andere im Leben auch, es macht nur keinen Sinn.


Weil der Mensch aber zum Sinnlosen ebenso neigt wie zur Sinnsuche, haben eben auch vernichtende Kritiken eine Existenzberechtigung. Zudem leben wir in einem Land, das die Meinungsfreiheit im Grundgesetz verankert hat. Übrigens, das kann sich ändern, hatten wir auch schon mal, aber egal, jetzt ist das so und basta. Und weil das so ist, darf jeder der schreibt, schreiben was er will, vorausgesetzt er kann schreiben.


Ob einer schreiben kann oder nicht lässt sich, nebenbei bemerkt, besser beurteilen, als ob einer gute Kunst macht oder nicht, denn die Bewertung von Bildender Kunst ist mehr als vieles andere, abhängig vom Auge des Betrachters, das liegt nun mal in ihrer Natur als visuelle Erscheinungsform.


Nun scheint diese Erkenntnis, die schon Kant postulierte - nämlich, dass, ich will mich kurz fassen - die Welt, die wir sehen, niemals Welt ist, wie sie an sich ist - noch nicht zu allen vorgedrungen zu sein. Schade eigentlich, sonst könnte ich mir das hier sparen.


Sie glauben mir nicht? Gut, dann weiter! Auch der alte Schopenhauer, übrigens auch so ein beleidigter Zeitgenosse, aber dafür sehr klug, ließ sich seitenweise über die Fragwürdigkeit einer allgemeingültigen Wirklichkeit aus und erkannte, dass wir das „Ding an sich“ nie erkennen können. Noch eins drauf setzte Paul Watzlawick mit dem Konstruktivismus. Ich zitiere: „Der Glaube, es gäbe nur eine Wirklichkeit ist die gefährlichste aller Selbsttäuschungen. Es gibt sie nicht, diese eine Wirklichkeit, es gibt vielmehr zahllose Wirklichkeiten, die sehr widersprüchlich sein können, die alle das Ergebnis von Kommunikation und nicht der Widerschein ewiger objektiver Wahrheiten sind“. Watzlawick kommt zu dem Schluss, dass der Glaube, dass die eigene Sicht der Wirklichkeit die Wirklichkeit schlechthin bedeute eine gefährliche Wahnidee sei, eine Anmaßung, ja gar die „think crime“ der menschlichen Existenz. Finde ich übrigens auch.


Aber was, wenn die Dinge nicht sind, was sie sind, es niemals sein können, wenn es dieses objektiv Seiende nicht gibt, wenn das Seiende eine nichtfassbare Größe ist, wenn jedes Ding nur der Widerschein dessen ist, was sich in uns spiegelt und wir uns wiederum in ihm? Dann gibt es nur subjektive Annahmen und keine Wirklichkeit. Dann gibt es kein Richtig und kein Falsch, sondern nur Ansichten.


Und genau darauf will ich hinaus: Kunst ist Ansichtssache, Geschmacksache, Gefühlsache. Sie geht über die Sinne in uns hinein und jeder rezipiert sie individuell.


Nun behauptet der beleidigte, beleidigende Verfasser weiter: Kunstkritik ist Macht.


Wenn jemand der Meinung ist, dass Kunstkritik ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Machfaktor ist, dann ist das seine Wahrheit und damit hat er erst mal Recht, zumal es ja im ganzen Leben in jedem Beziehungskonstrukt, ob individuell oder kollektiv, immer auch um Macht geht. Die Behauptung jedoch, dass „eher regional orientierten Gazetten“, zu wenig untersuchen, wem sie die Macht des Kunstkritisierens übergeben, ist doch eher fragwürdig.Hallo, woher will man denn wissen ,ob einer nun von Kunst Ahnung hat oder nicht?


Ein Studium der Kunsthistorik impliziert noch lange nicht, dass einer die Weisheit über Kunst gefressen hat, da gibt es einfach keine.


Und was ist denn gute Kunst und was ist schlechte Kunst? Manche sagen so, manche so und die Ranking-Listen sind doch als Qualitätsmerkmal nicht wirklich ernst zu nehmen, wissen wir doch längst, dass Kunst heutzutage eine Marketingsache ist. und ganz viel mit dem schnöden Mammon zu tun hat. Da liegt die Macht, nicht in den Händen des Schreiberlings der regionalen Gazette und wenn da einer latent Bestechung unterstellt, dreist nach dem Motto: Aus welchen Quellen fließen zusätzliche Honorare?


Also das wüsste ich auch gern! Mir jedenfalls ist noch kein Kunstmafioso begegnet, der mir ein paar Euro extra gibt, damit ich eine Galerie oder einen Künstler nieder mache. Wieso eigentlich nicht? Ich sage es Ihnen, weil nichts älter und nichts schneller vergessen ist, als die Zeitung und der Interneteintrag von gestern. Die Investition lohnt sich schlicht und einfach nicht.


Ach, fast hätte ich es vergessen zu erwähnen: Eine vernichtende Kunstkritik zerstört nicht das Image einer Galerie und macht keinen Künstler platt.

Die Liebe und die Verzweiflung

Immer wenn ich über die Liebe lese finde ich in den Texten und Schriften eine Tönung von Verzweiflung, so als gehöre sie unabdingbar, wie ein polares Gegenstück, dazu.

Vielleicht liegt der Aspekt von Verzweiflung darin begründet, dass der, der liebt, den Geliebten - auch wenn er sich dessen nicht bewusst sein mag - besitzen will, am Liebsten für die Ewigkeit, und im selben Moment weiß er, dass er die Liebe des Geliebten niemals besitzen kann.

Die Liebe ist wunderbar, die Liebe beflügelt uns auf eine Weise wie nichts anderes im Leben. Die Liebe ist ihrem Wesen nach flüchtig, weil sie ein Kind der Freiheit ist.

Wir können keinen anderen zwingen uns zu lieben, ihn uns lieben machen.

Es gibt keine Liebe, die nicht den Charakter des Todes in sich trägt, wie André Breton sagt. Auch wenn wir das wissen - wir hören niemals auf zu lieben und wir hören niemals auf uns nach der Liebe zu sehnen.


Liebe ist Sehnsucht nach Ganzheit, die wir auf den Geliebten projizieren.

Und ob dieser Projektion kann es leicht geschehen, dass einer den anderen zwingt, etwas für ihn zu werden, unendlich viel für ihn zu werden, das Äußerste zu werden. Auf diese Weise mischt sich in das große Gefühl seiner Liebe das zersetzende Gefühl des Liebesleids. In Wahrheit aber ist dies ein Leiden an sich selbst. An der Enttäuschung, dass der Geliebte das Äußerste niemals sein kann, denn weder die Sprache, noch die Verschmelzung der Körper vermag es, die eigenen Gefühle und Gedanken dem anderen fühlbar, verstehbar zu machen.

Jeder ist allein.

Die erotische Liebe zwischen Mann und Frau macht sich am anderen fest, sucht im anderen nach Erfüllung. So muss sie scheitern. Sie scheitert am Ego, das nach Wunscherfüllung und Komplettsein durch den anderen sucht.

"Es gibt immer den, der liebt und den, der geliebt wird - und das sind zwei völlig verschiedene Universen", scheibt Carson McCullers in "Ballade du Café triste. "Der, der geliebt wird, erweckt eine riesige Liebeskraft, die im Herzen dessen, der liebt, verborgen lag. Im Allgemeinen weiß der, der liebt darum. Er weiß, dass seine Liebe einsam bleiben wird. Die Liebe wird ihn Stück für Stück in eine neue Einsamkeit mitnehmen, die noch fremder ist und ihn zerreißen wird. Deshalb hat der, der liebt eine Sache neu zu erschaffen - er muss sich ein Universum von Leidenschaft und Verrücktheit kreieren, dass ihm selbst genügt."

Ist es so?

Die Liebe gleicht dem Tanz, sie ist eine Sache von Nähe und Distanz. In jedem Begegnen, in jedem Auseinandergehen, in jedem Wiederbegegnen, ja sogar in der Vereinigung der Körper, ist da immer das Wechselspiel von Nähe und Distanz - genauso wie beim Tanzen.

In der Liebe kommt es vor, dass beide nicht immer zur gleichen Zeit auf die gleiche Weise lieben. Vielleicht meint McCullers auch das, wenn sie schreibt, dass wir uns ein eigenes Universum erschaffen müssen.

In unserem eigenen Universum finden wir nicht nur Leidenschaft und Verrücktheit, sondern auch das Wesentliche - die einzige Liebe, die ohne den anderen auskommt, ohne Wollen und Anhaften, ohne Erwarten und Wünschen - die Liebe zu uns selbst.

Die Liebe zu uns selbst ist die einzige Liebe, die ohne Verzweiflung auskommt ...
...............................................................................wenn wir sie gefunden haben.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Laut




in der stille 
in dir
wird es laut 
all das ungesagte, das noch zu sagen ist, 
all das ungedachte, das noch zu denken ist, 
all das ungefühlte, das noch zu fühlen ist, 
all das ungelebte, das noch zu leben ist.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Wir sind Erinnerung

"Wir sind Erinnerung", konstatiert der Harvard Psychologe Daniel L. Schacter in seinem gleichnamigen Werk und beschreibt darin das komplexe Gebiet der Gedächtnisfunktionen des Gehirns. Zudem entschlüsselt er darin die Vielfalt prägender Ereignisse im Leben eines Menschen. Sein Fazit: Erst durch Erinnerung werden wir zu dem, was wir sind und er behauptet weiter, dass das Erinnern zum großen Teil ohne unser Zutun geschieht und unser Handeln bestimmt.
Recht hat er, denn wie wir wissen, ist alles menschliche Handeln zu über neunzig Prozent vom Unterbewussten bestimmt. Nun bin ich keine Hirnforscherin, aber ich denke viel nach, sammle Wissen und baue an meiner eigenen Wahrheit. Und ab und an erinnere ich mich an das, was ich weiß, abgesehen von allem anderen, an das ich mich erinnere oder nicht.
Erinnerung hat mit Zeit zu tun. Je mehr Zeit wir gelebt haben, je älter wir werden, desto mehr blicken wir zurück und erinnern uns.
Kennen wir doch alle, wenn wir der Oma zuhören, oder dem Opa, der zum hundertsten Mal die gleiche Geschichte erzählt, während der Enkel im Jetzt ist und Opa sich durch sein Plappern so gar nicht ablenken lässt, es sei denn Opa bekommt des Enkels Fußball an den Kopf, dass es nur so donnert, dann ist er im Jetzt, aber das auch nur solange der Schmerz die Gedächtnisleistung des Erinnerns unterbricht. Kurzzeitig und dann wird weiter erinnert.
Ich erinnere ich mich an ein Bild von Tizian. Es heißt „Allegorie der Zeit“ und zeigt drei Männer. Einen alten Mann, der zurück blickt, einen Jungen, der nach vorne blickt und einen Mann in der Mitte des Bildes, der sein Gesicht dem Betrachter zuwendet.
Die Kunst und das ist das Wunderbare an der bildenden Kunst, drückt ohne viel Worte aus, was ist. Ach, ich wäre lieber Malerin, aber ich male schlechter als ich schreibe, also schreibe ich besser weiter.
Tizians Bild zeigt uns ohne Worte die Vergangenheit, die Zukunft und die Gegenwart und wie das ist mit der Erinnerung, die umso mehr Raum in unserem Leben einnimmt, je älter wir werden. Die Alten schauen zurück, wenn sie denn das Glück haben, nicht durch eine Demenz oder Alzheimerkrankheit diese Fähigkeit zu verlieren, andererseits, blicke ich so auf meine Vergangenheit, denke ich, so ein kleines bisschen Demenz, wäre gar nicht schlecht.
Wir leben in der Erinnerung und diese hängt mit der Zeitlichkeit zusammen. Zeitlichkeit, das wusste schon Heidegger, zu lesen in seinem Werk „Sein und Zeit“, ist die zutiefst das Menschsein prägende Wirklichkeit. Heidegger versteht unsere ganze menschliche Existenz als faktisches Schon-sein-in-der-Welt, das durch seine Ausrichtung auf die Zukunft, im Ergreifen der eigenen Möglichkeiten sein eigenes Sein bestimmt. Das Ende alles Ergreifens von Möglichkeiten stellt für Heidegger der Tod dar. Angesichts des Todes ergibt sich für den Menschen ein endlicher Entscheidungsspielraum. Damit hat er Recht, nicht aber mit der Annahme, dass wir unsere "In- der -Welt - sein Möglichkeiten" alle bestimmen.
Nun, nur weil Heidegger etwas meint, er hat nämlich auch nur seine Wahrheit, muss ich das ja auch glauben, vor allem das mit dem Bestimmen meines eigenen Seins.
Ich erinnere mich gut an Geschehnisse in meinem Leben, wo ich rein gar nichts bestimmen konnte und es einfach „geschah". Eine Erinnerung, die ich liebend gern vergessen will. Geht aber nicht, weil sie eingebrannt ist, in mein Gedächtnis, in irgendeins von den vielen, die wir haben - das autobiografische oder das episodische oder das sequenzielle Langzeitgedächtnis zum Beispiel. Da hausen sie, die Erinnerungen und kratzen an der Gegenwart und bestimmen so einen wesentlichen Teil, wie ich die Gegenwart wahrnehme, lebe und konstruiere. Pardon, verehrter Herr Heidegger, so einfach ist das leider nicht mit dem freien Selbstentwurf.
Der Mensch entwirft sich nicht aus dem Nichts.
Im Streben nach Gewissheit bei allem Wissen und allen Wahrheiten, sucht er durch die Erforschung der biologischen Grundlagen des Erinnerns die Bedingungen seiner Existenz zu ergründen. Für den Lebensvollzug wichtiger als die genaue Kenntnis der Verschaltung von Nervenzellen im Gehirn ist es, wie wir mit dem Erinnerten umgehen und was wir, bewusst oder unbewusst, dem Vergessen anheim fallen lassen. Beim Unbewussten hapert es dann schon wieder, denn auf das haben wir nun mal überhaupt keinen Einfluss. Frei nach Honoré de Balzac: „Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich.“ funktioniert das auch nicht, denn eingebrannt ist eingebrannt und  verbrannt ist die damit Möglichkeit Erinnerung willkürlich zu löschen.
„Vergiss!", was ich so oft höre, macht mich daher genauso wütend, wie der Spruch: „Du brauchst keine Angst zu haben!“ Ich habe manchmal Angst und dass ich sie nicht zu brauchen habe, leuchtet mir in dem Moment wo ich sie habe überhaupt nicht ein, denn ich spüre ja, dass sie da ist und denke sie mir nicht, denn wenn ich sie mir nur denken würde, könnte ich sie ja wegdenken und das weiß jeder, der die Angst kennt, wegdenken geht gar nicht. Angst ist nämlich ein Gefühl und Erinnerung ist auch ein Gefühltes.
Erinnerung ist gefühlte Wiederbegegnung.
Unsere Erinnerungen sind meist multimedial: Sie enthalten bildhafte Elemente und Szenen, die wie ein Film ablaufen, Geräusche und Klangfarben, oft auch Gerüche und vor allem: Gefühle. Das ist wissenschaftlich bewiesen. 
Egal, ob sie altersbedingt geschönt, bewusst verfälscht oder ob der Mantel der Zeit als Notbehelf über ein Trauma gehängt wird: Erinnerung hat eine gefühlt reflexive Struktur. Erlebtes taucht wieder als Bild auf, trifft auf sich selbst und wird bei dieser Wiederbegegnung bearbeitet. Also kann sie daher mit den zwischenzeitlich neu gemachten Erfahrungen neu bewertet und damit auch für das Gegenwartsempfinden verändert werden. Das nennt man Reframing. Dauert aber unendlich viele Therapiestunden und eine höchst intensive Beschäftigung mit uns selbst.
Eine besonders häufige Form der Vergangenheitsbewältigung ist die „geriatrische“ Variante.
Das kennen wir alle, dieses - früher war alles besser, die Welt, die Jugend, die Politiker. Was ist das für eine Haltung und wohin führt sie? In den Selbstbetrug, sage ich, aber auch der sei erlaubt, denn erlaubt ist, was das Leben schöner macht, oder nicht? Ich möchte nur anmerken, dass Selbstbetrug auf Dauer nicht funktioniert, das ist wie mit der Lüge, irgendwann bricht sie heraus und dann steht der Lügner da und fühlt sich ertappt und sieht dabei gar nicht gut aus, weder vor den anderen, noch vor sich selbst.
Manche Lebenslügen machen sogar krank, weil die Seele sich auf Dauer nicht gern bescheissen lässt.
Ach ja, dieser rosa verfärbte Blick zurück. Manche Menschen haben die Gabe das Erinnerte zu schönen um den Schmerz zu verbannen. Ob ich die jetzt beneiden soll? Da mir Neid fremd ist, freue ich mich für sie und lasse es gut sein.
"Die Wahrheit des Erinnerns ist das Vergessen."
Nietzsches Philosophie des im Augenblick Seins, hilft mir auch nicht weiter, denn ich weiß ja, das geht bei mir nicht mit dem Vergessen, ich habe sie nun mal meine Erinnerungen, die schönen und die hässlichen und sie machen mich, und das ist das Gute an ihnen, zu der, die ich bin.
Ach, was weiß ich ...
Eins aber weiß ich ziemlich genau: Man vergisst, was einen nicht interessiert.

Dienstag, 15. Februar 2011

herz II


und ich bat - härte dich ab, herz
und ich glaubte - herz du bist hart genug
und mein herz wurde weich

gedankensplitter 9


zum kern vorzudringen bedeutet nicht, ihn knacken.
ein kern ist hart.

möglich, dass wir ihn nicht knacken, 
auch wenn wir eine ewigkeit darauf herumkauen.

Montag, 14. Februar 2011

farben der liebe ..

die liebe ist rot wenn sie brennt
blau, wenn sich sich sehnt
rosa, wenn sie zärtlichkeit atmet
weiß, wenn sie reinheit in sich birgt
gelb, wenn sie ihr leuchten verbreitet
grün, wenn sie zuversicht in sich trägt

sie ist grau, wenn sie sich sich verflüchtigt
und sie verwandelt sich in schwarz, wenn sie uns verlässt.........

Sonntag, 13. Februar 2011

gedankensplitter 8

und auch wenn mancher moment traurig stimmt, einen hauch von einsamkeit und eine namenlose sehnsucht in sich trägt, weiß ich doch ich bin aufgehoben.
 auch das ist glück.

gedankensplitter 7

und ist nicht jeder in seiner welt 
und klebt an ihr 
und ist nur schwer loszulösen
oder gar nicht

gar nicht?

gedankensplitter 6

wenn welt, wenn wahrheit, eine konstruktion ist, dann ist auch das verbleiben in der ordnung ein konstruiertes und das verlassen der ordnung konstruierbar.

das leben ist eine kippfigur, immer ist alles möglich, immer ist da das alte und daneben die möglichkeit eines neuen.

wir sind teil der schöpfung und somit schöpfer unseres "in der welt seins".

das streben nach dem unmöglichen, dem unerreichbaren, der liebe, ist ein in uns angelegtes. 

solange dieses streben, diese sehnsucht lebt, kann eine neue ordnung wachsen aus dem alten heraus, was aber nicht heißt, das alte radikal auszumerzen.

das gute des alten ist der nährboden des neuen.
gehen wir weiter und sähen wir rosen im chaos.
wenn die saat gut ist, wird sie aufgehen.

Ganz ...

Vielleicht wirst du mich heilen, sagte der Mann und legte seine Arme fester um die Frau. Heilen, dachte die Frau, das bedeutet etwas ähnliches wie ganz sein, und wie sollte sie etwas ganz machen, wo sie doch selbst zerrissen war. Dieser Gedanke von Ganzsein, der stand schon bei Plato, das mit den Kugelmenschen, die nach ihrer anderen Hälfte streben, seit Zeus sie im Zorn gespalten hatte. Er war alt, uralt, älter als sie.


Die Frau wusste längst, dass keiner den anderen ganz machen konnte, das konnte jeder nur sich selbst machen, ganz, aber es war schön in der Illusion zu leben, dass es anders sei und weniger anstrengend für das Leben, das anstrengend genug war. Das Leben der Frau war anstrengend. Sie war müde und hatte es schon lange satt, hatte aber nicht aufgegeben, weil sie feige war oder stark, oder, weil sie ein Kind hatte, dem sie das nicht antun wollte und irgendwie liebte sie das Leben trotzdem es anstrengend war, also hatte dieses Aufgeben immer ein nicht Aufgeben als Gegenpol und der war stärker. Ob das gut war, darüber hatte die Frau oft nachgedacht und sich dann dafür entschieden es gut sein zu lassen und einfach weiter zu machen, denn sie war ein Mensch und für Menschen stirbt die Hoffnung zuletzt.


Und jetzt war da der Mann, der ihr sagte, dass er sie liebe, sie sei seine Liebe, sagte er immer wieder und das hörte sich gut an und nach Hoffnung und vielleicht nach einem Glück, dem sie als Konzeption zwar misstraute, aber es dennoch empfand in den Stunden, die sie beisammen waren.


War der Mann fort, warf sie seine Abwesenheit umso mehr auf sich selbst zurück. Darüber wunderte sich die Frau, denn sie war es doch so lange gewesen, mit sich selbst allein und hatte es nicht als die große Leere empfunden, die da jetzt war und warum das so war, konnte sie sich nicht erklären, vielleicht weil sie wieder erfahren hatte, dass das Volle sich besser anfühlte. Das Gegenteil von Etwas macht das Etwas unterscheidbarer, so wie man das Gute nur unterscheiden kann, wenn man das Böse kennt, dachte die Frau, aber der Gedanke veränderte das Gefühl nicht.


Vielleicht war sie zu kompliziert, vielleicht dachte sie einfach zu viel nach. Das sagten alle, die sie kannten und weniger nachdachten. Manchmal hatte die Frau sich schlecht gefühlt unter all den anderen, die weniger nachdachten und allein. Auch das war ein Grund für den Rückzug in sich selbst, den sie lange geübt hatte, um jetzt festzustellen, dass diese Übung wohl nichts genützt hatte, vielleicht gab es Dinge, die man nicht üben konnte.


Gehalten in den Armen des Mannes, dachte die Frau über all das nach. Dann sprach sie es aus und der Mann sagte, er kenne das Gefühl innen allein zu sein. Es sei wie ein leeres Zimmer in das man verschwand und dann schließe sich die Tür, die einem von allem trennt. Er sei dort gewesen, immer wieder für eine lange Weile manchmal und dieses Gefühl fühle sich an wie ein Sterben im Leben nur weniger endgültig, denn man lebe ja noch und so lange man lebt fühlt man den Schmerz und das sei nicht Totsein, denn Totsein sei die Abwesenheit von Schmerz. Solange da der Schmerz ist, ist Leben und die Option des anderen, des Nichtschmerzes und das sei Freude und Glück.


Die Frau mache ihn glücklich sagte, der Mann und er glaubte, was er sagte, denn es war so. Die Frau glaubte das auch, denn sie fühlte so und weil sie so fühlte, in den Armen des Mannes, war da die Angst dieses Gefühl wieder zu verlieren.


Angst ist das Gegenteil von Liebe, hatte die Frau irgendwo gelesen. Das hatte sie schon immer bezweifelt, denn sie wusste, dass das Gegenteil von Liebe etwas anderes war, weder die Angst noch der Hass, es war die Gleichgültigkeit.


Die Frau legte die Hände auf das Gesicht des Mannes und sah ihm in die Augen, als suche sie etwas, was sie vor einer Ewigkeit verloren hatte. Der Mann erwiderte ihren Blick, lange. Da wusste die Frau, was sie gesucht hatte, seit sie ein Kind gewesen war, es war das Gefühl, da legt einer liebend die Augen auf sie. In diesem Moment wusste sie, dass es gut war wie es jetzt war und hörte auf nachzudenken.

Samstag, 12. Februar 2011

gedankensplitter 5

ich habe mein herz verloren, sagt einer.
ich habe ein herz gewonnen, sagt ein anderer.

gedankensplitter 4

wenn mich die liebe verlässt,
werde ich weiter lieben.
ich kann nicht anders. 
 
 

gedankensplitter 3

meine eigene erfahrung ist das einzig wahre an das ich mich halten kann. 
solange ich dogmen oder religionen oder wahrheiten anderer glauben schenke und folge ... ist es ein wiedergekäutes etwas ... eine krücke, an die ich mich halte, weil ich mich selbst nicht gefunden und nicht erfunden habe.

gedankensplitter 2

alles was wir im außen suchen, erwarten oder einfordern, 
dient dazu, uns selbst aus dem weg zu gehen.
 andererseits ist alles, dem wir im außen begegnen, 
eine konfrontation mit uns selbst.

gedankensplitter 1

demut - 
nichts ist selbstverständlich 
dankbarkeit - 
für das nicht selbstverständliche

Der innere Krieger

Der Mann lebte in seiner Welt, in einer Weise veräußerlicht, dass er längst in ihr aufgegangen war, in einer passiven Haltung an das, was ihn umgab, was von ihm gefordert wurde, was er leisten musste. Um sich selbst von der Richtigkeit seines Tuns zu überzeugen sagte er sich, es sei keine Passivität, wenn er all diese Dinge tue, das ewige Tun sei doch bereits Aktion.

Die Frau dachte, es komme drauf an mit welchem Bewusstsein man die Dinge tue.
Sie dachten laut im Gespräch miteinander.

Tun wir die Dinge, weil wir glauben sie tun zu müssen, dann ist das in gewisser Weise passiv, weil ein Tun ohne den eigenen Sehnsüchten zu folgen, ein Funktionieren sei. Aktives Tun hingegen erfordere den Gedanken und den Willen, dass man machen will, was man macht, sagte die Frau.

Der Mann dachte nach, ob er machen wollte, was er machte.



Am Deutlichsten, sagte die Frau, wird das in der passiven Hingabe an das Fernsehen und die virtuelle Welt. Wir verlieren uns an Bilder. Sie gaukeln uns vor: Die Welt ist so und so, sie steht dir zur Verfügung nach dem Bild, das wir für dich schaffen. Diese Bilder besetzen unsere eigene Urteilsbildung, sagte die Frau.

Der Mann stimmte zu: Die Art wie wir die Welt sehen, entfernt sich mehr und mehr von den wesentlichen Dingen, hin zu einer bodenlosen Konsumorientierung.

Ja, auf diese Weise dringt die Materialisierung immer tiefer in immer tiefere Schichten des Menschlichen ein, erwiderte die Frau.

Der Mann erinnerte sich daran, dass er einen freien Willen besaß.

So frei sei der Wille nicht, erwiderte die Frau, aber es gibt die innere Freiheit, die uns dazu befähigt Entscheidungen zu treffen und eigene Satzungen zu machen, eigene Bilder zu malen, zu machen, was wir wirklich wollen. Dem ist hinzuzufügen, dass wir nur wollen können, was uns wirklich entspricht.

Zuerst müssen wir also erkennen, was uns liegt, welche Begabungen wir haben, welche Potentiale und Träume, sagte der Mann.

Ja, antwortete die Frau, es braucht eine Art Bestandsaufnahme, eine Analyse unserer Selbst um zu erkennen, was wir wirklich wollen. Dann erst bekommt das Wollen Kraft. 

Das ist schwierig, sagte der Mann, denn dann müsste man sich intensiv mit sich selbst beschäftigen.

Es gelingt nicht vielen. Sie nehmen sich nicht die Zeit es zu tun. Es sind nicht viele Menschen, die ihren inneren Krieger noch hören, bei all dem Lauten um uns sie herum, ist das auch schwer. Aber die, die ihn hören, sind immer wieder bereit ihn in den Kampf zu schicken, für sich selbst, die Entfaltung ihres Wesens und ihrer Aufgabe im Leben.

Der Mann fragte sich, ob er  eine Aufgabe hatte. Eine, die nur mit ihm selbst zu tun hatte, bei all dem, was er für andere tat.

Ich glaube, die Sehnsucht nach uns selbst ist tief in uns verwurzelt, aber wir sperren sie ein, sagte die Frau.

Aber warum tun wir das?, fragte der Mann die Frau und sich selbst.

Ich glaube, die erste Ursache ist die Gewohnheit, die zweite das Nichtwissen, das vom System bewusst gefördert wird, die dritte ist die Feigheit. Die Angst vor Veränderung liegt in ihr begründet. Mit dem unterdrückten Willen zur Freiheit geht die Tapferkeit verloren.

Der Mann fragte sich, wie es mit seinem Willen und seiner Tapferkeit stand, mit seiner Fähigkeit Entscheidungen zu treffen, für seine Freiheit und die Veränderung. Wir dümpeln im Bekannten, versinken in der Konturiertheit des Alltags. Wir verlassen nur ungern vertrauten Boden. Ich kenne das gut. Ich kenne viele, die an einem Arbeitsplatz bleiben, der ihnen Magengeschwüre bereitet, eine Beziehung führen, die ihnen nicht mehr gut tut, ihre Abende auf langweiligen Parties und Essenseinladungen verbringen, deren Themen, die im Raum wabern, sie längst entwachsen sind. Ich tue das auch manchmal, sagte der Mann, irgendwie tue ich das auch.

Ja, sagte die Frau, und irgendwann fragen sie sich, wer bin ich eigentlich und ob es das schon war und ob es so weiter gehen soll. Sie hören die Stimme in ihrem Inneren, aber sie hören ihr nicht lange genug zu und machen weiter wie bisher. Dann verstummt sie wieder und sie hören nur noch, was sie wissen und sehen nur noch, was sie schon immer sehen und alles was neu berühren könnte wird nicht gehört und nicht gesehen. Das ist ein Leben in alten Erfahrungsschubladen.

Das ist bitter, sagte der Mann.

Ich will so nicht leben. Wenn wir uns an unseren inneren Krieger erinnern, wissen wir um die Fähigkeit das trennende Schwert zu benutzen, bevor wir uns selbst verkümmern lassen auf Grund der Gewohnheit und der fragwürdigen Sicherheit eines Alltags, in den wir uns verpuppen wie in einen Kokon. Der Kokon ist die Hülle, die den Schmetterling hervorbringt, antwortete die Frau.

Der Mann stellte sich die aufbrechende Hülle vor und sah den Schmetterling, der sich entfaltete und davon flog. Er lächelte über das Bild in seinem Kopf.

Wenn wir unseren inneren Krieger zum Schweigen bringen, verlieren wir uns selbst, wir vergessen, dass wir es wert sind für unsere Träume zu kämpfen. Wir lassen unser Herz schweigen angesichts der Übermacht von Bildern, die nicht aus uns selbst kommen, sagte die Frau.

Der Mann erinnerte sich an ein Buch, das er vor langer Zeit gelesen hatte.
Es war ein Buch von Carlos Castaneda. Er erinnerte sich an einen Satz, den er dort gelesen hatte und sprach ihn aus: "Der Krieger ist ein Mensch, der mit Entschiedenheit das tut, was sein Herz ihm sagt."

Die Frau nickte: Ja, der Krieger trifft seine Entscheidungen nicht im Sinne einer Kosten-Nutzen- Kalkulation, er tut nicht, was man tun sollte und er akzeptiert die Folgen seiner Entscheidungen, wie immer sie auch ausfallen. Er betrachtet jeden Moment seines Lebens als eine Übung eingefahrene Sichtweisen und Verhaltensweisen abzubauen. Auch das tut ein Krieger. Ich will, ist sein Leitsatz.

Aber der Wille allein verändert nichts. Das weißt du selbst, warf der Mann ein. 

Das ist richtig, antwortete die Frau. Entscheidend ist, dass wir unserem Willen eine Form geben. Die Formgebung ist ein Akt der Konzeptionalisierung, ein Akt des Gestaltens, so wie ein Künstler sein Werk erschafft, ihm Ausdruck verleiht, ihm Gestalt gibt. Der Künstler ringt dabei nicht nur mit seinem Werk, sondern auch mit dem, was ihn daran hindert es zu erschaffen.

So wie wir mit uns selbst ringen, weil die Außenwelt, die Umstände uns daran hindern zu tun, was wir wirklich wollen? fragte der Mann.

Ja, sagte die Frau, genau so. Wenn es uns gelingt unsere Willensenergie so zu kanalisieren, dass sie sich in einem schöpferischen Zustand befindet, gelingt es uns vielleicht unsere Außenwelt zu überzeugen, von dem was wir wirklich wollen und es gelingt uns selbst zu gestalten, was wir als unsere Realtität leben wollen.

Das ist ein mühsamer Weg, sagte der Mann.

Oh ja, antwortete die Frau. Und der Weg geht über das Herz. Nur unser Herz weiß, wohin wir wirklich gehen wollen.






Donnerstag, 10. Februar 2011

Berührung

Du hast mich herausgefischt aus dem Meer des Vergessens
aus dem "Nicht mehr Sein wollen", in das ich eingetaucht bin vor langer Zeit.
Es war dunkel da unten und still.
Ich habe nichts mehr gesehen und nicht mehr gewartet.
Mit deiner Kraft und deiner Liebe hast du mich nach Oben gezogen.
Das was von mir übrig war...
Warum?
War es die Einsamkeit, die du kennst?
Die nur woanders wohnte
nicht im Meer, in der Wüste vielleicht.
Du hast mich zu dir genommem
in dein Haus, wo ein warmes Feuer brannte, rot, gelb und hell.
Warm war es da drinnen.
Und in dir.
Das Meer ist kalt und schwarz.
Jeder andere hätte sich gefürchtet vor mir.
Aber du hast mich berührt.
Meine Seele hast du berührt.
Du hast mein Sklelett gesehen.
Knochen für Knochen hast du berührt.
Manchmal empfandest du Entsetzen und Schmerz.
Du hast mich zugedeckt mit dem Mantel der Liebe.
Meine wunde Seele.
Du hast ausgehalten und vertraut.
Dann hast du eine Träne geweint.
Weil du dich gesehen hast in den blanken Knochen meines Skeletts.
Du hast dich entblößt.
Dann warst du selbst schutzlos.
Ich habe deinen Geruch wahrgenommen in jener Nacht und jede Nacht.
Ich habe gezittert in allen Knochen
gerüttelt, geschüttelt hat es mich.
Du hast mich bewegt.
Wir haben uns bewegt.
Alles war gut.

Die Wunde

Auch wenn wir etwas anderes hoffen, die Wahrheit ist - unsere Wunden können wir nur selbst heilen. Nur wir selbst haben das Mittel dazu, aber das wollen wir nicht glauben, oder können es nicht, oder wollen es erst gar nicht suchen, weil es beschwerlich ist und viel Ehrlichkeit uns selbst gegenüber erfordert.

Um das Mittel zu finden müssen wir lernen, die Person zu sehen, die wir wirklich sind, ehrlich und wahrhaftig. Diese Aufgabe ist oft eine lebenslange. Der Weg zu uns selbst ist schmerzhaft und kostet Kraft.

Manchmal glauben wir sie nicht zu haben, oder sie nicht mehr zu haben. Aber auch das gehört zu uns - Schwäche. Unsere Schwäche zu sehen und sie nicht zu ignorieren, so zu tun, als gebe es sie nicht, kostet unendlich viel Kraft. Aber diese Schwäche hat ihre Berechtigung, sie ist auch wir, auch ein Teil von uns. Diese Schwäche ensteht oft aus dem Gefühl heraus, wenn ich sie zeige bin ich allein.

Wir sind allein, zu glauben es nicht zu sein, ist eine Illsuion. Keiner fühlt unsere Gefühle. Auch das Verständnis des anderen, nimmt uns den Schmerz nicht ab, heilt unsere Wunde nicht, es ist Balsam und tut gut. Letzlich hilft es nichts. Und das spüren wir in den Momenten, wenn wir in unserem Schmerz ganz bei uns selbst sind.

Dann sind wir wie der einsame Wolf, der den Mond anheult, vergeblich auf Hilfe wartet und mit eingeknicktem Schwanz davon trabt, um sich in seiner Höhle zusammen zu rollen.

Die Wunde und der Schmerz darüber, ist der Ort, wo wir ganz bei uns sind. Das ist die Wahrheit, die wir alle schon gespürt haben, oder immer wieder. Und dann verdrängt, weil es leichter scheint, nicht dorthin zu spüren.

In dem Moment wo wir unsere Wunde anschauen und sie annehmen und uns mit ihr versöhnen sind wir erlöst. Wir erkennen die Illusionen der Vergangenheit und der Gegenwart. Das Erkennen und das Versöhnen bestimmt unsere Zukuft, die Befreiung aus dem Käfig der Wunde.

Ich vertraue darauf, dass in jedem Menschen ein Lebenswille wirkt, der ihm hilft, das zu wählen, was ihm entspricht.



ich will...

Ich will dich lieben ohne sehnsüchtig zu verbrennen
Ich will mit dir sein ohne dich halten zu wollen
ich will dir vertrauen ohne zu zweifeln
ich will dich berühren ohne dich zu verletzen
ich will mit dir verschmelzen ohne mir dich einzuverleiben
ich will mit dir fliegen ohne abzustürzen
ich will dich erkennen ohne dich verändern zu wollen
ich will dich herausfordern ohne zu fordern
ich will mit dir streiten ohne zu kämpfen
ich will mit dir wachsen ohne mich zu entwurzeln
ich will du sein und ich bleiben
ich will dich halten ohne dich an mich zu binden
ich will mich in deinen augen spiegeln ohne mich zu verlieren
ich will mit dir gehen ohne mich zu verlassen
ich will mit dir sein ohne der zeit vorraus zu laufen
ich will dir geben ohne etwas einzufordern
ich will dich loslassen ohne dich zu verlieren
ich will dich lieben solange du es auch willst ...

Mittwoch, 9. Februar 2011

Schuld ...

Wir werden nicht mit Schuldgefühlen geboren, sondern nur mit der Fähigkeit uns Schuldgefühle machen zu können. Wir erlernen die Fähigkeit Schuldgefühle in uns zu erzeugen durch unsere Eltern und Lehrer. Der Gedanke von Schuld ist eine uralte Konstruktion der Religion und des Staates, ein Instrument von Menschen um Macht auszuüben.

Schuld und Schuldgefühle haben immer auch mit Macht zu tun.

Solange ich Vergebung will, hat die Schuld Macht über mich, sie lähmt.
Schuld ist auch eine Ent - Schuldigung um nicht die Verantwortung für das eigene Leben übernehmen zu müssen.
Solange wir uns schuldig fühlen, sind wir abhängig von Vergebung.
Solange wir vom anderen einfordern, dass er seine Schuld uns gegenüber abträgt, geben wir dem anderen Macht über uns.

Schuld ist ein schreckliches Gefühl. Es wird weniger schrecklich, wenn wir anstatt von Schuld von Fehlbarkeit sprechen ... und diese ist zutiefst menschlich.

Fehlbarkeit beeinhaltet die Möglichkeit der Akzeptanz dessen, was wir nicht ungeschehen machen können. Fehlbarkeit enthält echte Reue. Fehlbarkeit trägt in sich, die Möglichkeit der Korrektur von Fehlern.

Schuld ist ein schwerer Rucksack, den wir uns selbst aufladen oder einem anderen hinterhertragen. Schuld tragen oder hinterher tragen beugt uns den Rücken.

Wenn wir um unsere eigene Fehlbarkeit und die der anderen wissen, werden wir den Rucksack ablegen. Wir werden mit geradem Rückgrat weiter gehen ... getragen von der Entscheidung und dem Willen ein besserer Mensch zu werden.