Montag, 31. Dezember 2012

wenn ich mir was wünschen dürfte ...




als ich an diesem morgen aufstehe, denke ich, wie die meisten von uns, an das alte jahr. ich überdenke es, bedenke es mit achtung, weil es ein jahr leben ist. ich ziehe den extrakt heraus und denke nach, was am ende bleibt.

was bleibt sind erfahrungen, wenn ich nicht bewerte. jede menge erfahrungen.

aber ich kann nicht anders, wie wir alle, ich bin mensch und muss bewerten. also mache ich es mir einmal einfach, auch wenn mir das nicht wirklich entspricht, das einfache. ich mache es wie aschenbrödel, was mir schon irgendwie entspricht, wenn ich es recht bedenke, und tue märchenhaft inspiriert, die guten (erfahrungen) ins töpfchen, die schlechten (erfahrungen) ins kröpfchen. das schlechte haben im märchen die tauben geschluckt, das gute legte das brave aschenbrödel ins töpfchen, aus dem dann die böse stiefmutter und die beiden neidischen schwestern gegesssen haben. blödes aschenbrödel und blöde tauben, denke ich, und was dieses bild mit mir zu tun hat.

schlucke ich das schlechte und lege ich das gute in die töpfe derer, die es nicht gut mit mir meinen? machen wir das alle, dass wir viel zu viel schlucken, was nicht gut ist, nur um es anderen gut und recht zu machen?

ich sehe gerade einige von euch nicken.

wir, die das machen, machen das immerzu. wir schlucken so viel und so lang, bis wir sie nicht mehr verdauen können, die unbekömmliche kost. und davon gibt es da draussen eine menge. und in uns selbst auch, denn innen und aussen sind untrennbar miteinander verbunden. weil wir ein teil vom aussen sind, auch wenn es immer unverträglicher für unser inneres ist. alles ist eins. das weiß ich von allem, was ich nicht weiß, sicher. und weil alles eins ist, verbindet sich alles zu einem klumpen, der schwer wiegt und mir unverdaulich im magen liegt, an diesem letzen tag des alten jahres.

das draussen ist es nicht heimelig, da draussen ist eine welt, die wie aschenbrödels welt, nicht nur gutes für uns bereit hält.
es ist eine harte welt, eine kalte welt, eine laute, gierige, rasende, konkurrierende, empathielose, ängstliche welt, in der zählt, wer zahlen kann. die schere zwischen denen, die das können und denen, die das nicht mehr können, oder bald nicht mehr können werden, klafft auseinander.

zwischen innen und aussen herrscht kampf. denn unser innerstes will in so einer welt gar nicht sein.
es ist schwer, das sein in einer welt, in der nur der überlebt, der am besten kämpfen kann und unbeeindruckt vom leid anderer, sein schwert benutzt, um sich durchzusetzen ums reine haben willen. die funktionierenden pflichtkämpfer haben die macht. die friedvollen krieger sind geschwächt, weil sie an ihrer sensiblen seele kranken, und weil sie zu verstreut sind, um eine starke einheit zu bilden, die sich den herzlosen entgegenstellen könnte.

wenn ich mir vorstelle das leben wäre ein märchen, dann würden sich alle friedvollen krieger zusammenfinden und ein heer bilden. sie würden gegen die pflichtkämpfer antreten und für gerechtigkeit, menschlichkeit und frieden sorgen. ein märchen. märchenstunde an diesem grauen dezembermorgen des alten jahres.

und wie alle märchen - doubtfull, but not hopeless. auch wenn es dieses märchen nur in meinem kopf gibt, so gibt es doch all die menschen, die sehen, was unsere welt zerstört, die ihren friedvollen kampf führen, gegen alle widerstände von aussen und licht ins dunkel bringen, jeden einzelnen tag. mit kleinen taten, die das große rad nicht umdrehen, aber millionen kleine rädchen in die bessere richtung drehen. und weil alles eins ist, hält sich das ungute mit dem guten noch die waage und die welt ist nicht ganz aus den fugen geraten.

wenn ich mir was wünschen dürfte ... käme ich nicht in verlegenheit.  ich würde mir wünschen, dass alle, die zu viel schlechtes schlucken, endlich damit aufhören und es denen in den rachen werfen, denen es gehört,  damit jene endlich am eigenen leibe spüren, wie ungut es ist, ungutes zu schlucken.

damit sie aufhören menschen wie nummern zu behandeln und auszusortieren, weil sie schwach sind oder anders und nicht funktionieren in diesem system. ich würde mir wünschen, dass die friedvollen krieger endlich ihre macht erkennen und vertrauen haben in ihr licht, dass sie sich zusammenfinden, sich über alle grenzen verbinden und anfangen zu handeln und das neue bewusstsein, dass nach dem groß angekündigten, nicht stattgefundenen weltuntergang, die welt ändern soll, verbreiten. ich würde mir wünschen, dass die schwachen gute nahrung bekommen, die sie zu kräften kommen lässt.

ich würde mir wünschen, dass die tauben nicht mehr gutmütig das schlechte ins kröpfchen nehmen, sondern sich das gute einverleiben und zu einer heerschar von weißen friedenstauben werden, die sich ausbreitet über die ganze welt und sie mit ihren flügen streichelt, damit die menschen endlich begreifen, dass sie brüder und schwestern sind und einander helfen sollten, anstatt gegeneinenander zu kämpfen.

wie war das im märchen? am ende wird alles gut und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute - und zwar die guten.

in diesem sinne wünsche ich euch allen ein gutes neues jahr!


Sonntag, 30. Dezember 2012

wenn ...





wenn ich wüsste, dass es das geschenk der möglichkeiten nicht gibt, hätte ich aufgegeben.
wenn ich wüsste, dass menschen nicht auch gut sind, hätte ich den glauben verloren.
wenn ich wüsste, dass ich allein mit meinen gefühlen bin, hätte ich aufgehört mich mitzuteilen.
wenn ich wüsste, dass gedanken rein gar nichts bewirken, würde ich keinen einzigen mehr verschwenden.
wenn ich wüsste, dass worte nichts ausrichten, wäre ich stumm.
wenn ich wüsste, dass liebe unmöglich ist, hätte ich mich auf gleichgültigkeit verlegt.
wenn ich wüsste, dass nicht alle dinge zwei seiten haben, wäre ich der verzweiflung ausgeliefert.
wenn ich wüsste, dass all mein tun keine auswirkungen hat, wäre ich tatenlos.
wenn ich wüsste, dass verzeihen und versöhnung eine unmöglichkeit sind, wäre ich ohne zuversicht.
wenn ich wüsste, dass alles sinnlos ist, würde ich keinen einzigen tag mehr leben wollen.

Samstag, 29. Dezember 2012

Gedankensplitter 45


was mich wirklich fasziniert sind menschen, die zu dem stehen, was sie sind, die ihre fähigkeiten und ihre kreativität ausleben, gegen alle widerstände, die ihre eigenen grenzen kennen, die nichts von sich fordern, oder sein wollen, was sie nicht leisten können und nicht sein können, die sich nicht verbiegen lassen, egal wie hoch der druck von aussen ist. 

 

Freitag, 28. Dezember 2012

Machtspiele





liebe kann nur in freiheit bestehen.
sobald machtspiele ins spiel kommen
erlischt freiheit und stirbt liebe.
wer macht benutzt, liebt nicht.
 er will kontrollieren.

wer mit macht spielt ist ohnmächtig.
will besitzen
was sich nicht besitzen lässt. 

Donnerstag, 27. Dezember 2012

ZENTRUM




eintauchen in dich selbst
ins eigene sein
aus dem zentrum des eigenen inneren schaffen

schöpfen
nicht an den rand der er- schöpfung gehen

achtsam im zentrum bleiben
dich nicht im aussen verlieren
nicht im anderen suchen

in der eigenen kraft bleiben
keine kraft verschwenden
 an anerkennung von aussen
sie dir selbst geben
nicht angewiesen sein

dir selbst treu sein
es bleiben
dem inneren gesetz folgen

alles andere zermürbt.

Mittwoch, 26. Dezember 2012

LICHT




manchmal 
nach jahren
in denen du dich quälst 
mit nichtverstehen
mit gefühlen von schuld
mit unverzeihlichkeit
mit selbsthass und vorwürfen

kommt einer 
und sagt dir
eine andere wahrheit über dich

er spricht zu dir
er beantwortet alles unbeantwortete
er legt sein licht
auf deine schatten.


und dein verstand will es noch immer nicht begreifen
aber dein herz versteht.




für meinen sohn

Ich wünsche euch Mut ...


"Sie sind so jung, so vor allem Anfang, und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst lieb zu haben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein." Diese Zeilen schrieb der Dichter Rainer Maria Rilke in einem Brief an seinen Freund, den Schriftsteller Franz Xaver Kappus. Das sind wunderbare Worte an einen jungen Freund, der dem Dichter am Herzen lag, dem er Zuversicht vermitteln wollte und die Kraft sich zu entfalten und Mut, das zu leben, was in ihm war und leben wollte.

Was ist Leben? Das fragten sich junge Menschen damals und sie fragen es sich heute.
Ganz einfach: Leben ist alles. Und wenn Leben alles ist, bedeutet das – alles ist möglich. Das Geschenk, das uns das Leben macht, sind Möglichkeiten. Jeden Tag aufs Neue. Aber es braucht offene Augen und Herzen, um sie zu sehen, es braucht Zuversicht, um an sie zu glauben und Mut sie auch zu nutzen. Aber mit dem Mut ist das so eine Sache. Rilke hatte ihn und sein Freund Kappus hatte ihn. Viele kreative Menschen haben Mut. Das macht sie aus. Sie haben den Mut gegen alle Widerstände – von innen und von außen – sie selbst zu sein, sich selbst zu verwirklichen und damit auch der Welt etwas zu geben. Menschen wie Rilke haben mutig das getan, was möglich war. Sie haben ihre Potentiale und Begabungen erkannt, ihren Träumen vertraut und ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. Das ist Schöpfertum. Dass das nicht immer leicht war, haben sie als selbstverständlich akzeptiert. Auch das Schwere. Das war 1903. Aus jener Zeit stammt dieser Brief.

Wir schreiben das Jahr 2013 und wir haben eine neue Jugend.
Was ist mit ihrem Mut? Haben unsere Jugendlichen überhaupt Mut? Haben sie Träume und den Mut, sie zu leben? Wissen sie um ihre Begabungen und suchen sie einen Weg, sie zu vervollkommnen und zu entfalten? Jeder Mensch hat Begabungen und Träume. Und mancher hat den Mut, sie zu leben. Die meisten aber haben mehr Angst als Mut. Und lassen sie zugrunde gehen, ihre Begabungen und Träume, bevor sie jemals leben durften.

Alle acht Jahre befragen Kölner Forscher im Auftrag des Marktforschungsinstitutes Rheingold in psychologischen Interviews junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren zu ihren Lebenseinstellungen. Das Ergebnis der jüngsten Studie sieht so aus: Unsere Jugend ist ausgrenzend und anpassungswillig. Ich zitiere: „Das Fehlen eines klaren und richtungsweisenden politisch-gesellschaftlichen Zukunftsbildes verstärkt die Unsicherheit und die Zukunftsangst der jungen Generation. Sie weiß einfach nicht, wofür sie in dieser Welt eigentlich gebraucht wird. Immer mehr Jugendliche flüchten sich in diffuse Superstarphantasien. Vor allem die 16- oder 17jährigen träumen davon, dass in ihnen verborgene Talente schlummern, die irgendwann einmal von den Medien entdeckt werden.“

Flucht also in die höchsten Höhen, bevor das Naheliegende überhaupt versucht wird. Damit es erst gar nicht versucht werden muss? 
Warum? Weil da die feste Überzeugung herrscht, es wird ja doch nichts aus meinem Traum. Aus der Traum vom Superstar wird sicher bei den meisten nichts, aber was ist mit den kleinen Träumen, all den kleinen Talenten? Daran wird gar nicht gedacht. Groß wird gedacht, und wenn das Große nicht erreicht wird, ist die Enttäuschung groß. „Noch nie waren die Jugendlichen so zaghaft, ziellos und unentschlossen im Hinblick auf eine mögliche Berufswahl“, so die Studie weiter. Und noch weiter: „Die meisten Jugendlichen warten erst einmal ab und halten die definitive Berufswahl sehr lange offen. Sie verlängern ihr Bleiberecht im Elternhaus. Sie jobben hier und da und hoffen, dass über ein Praktikum irgendwann die Begeisterung für ein Berufsfeld erwacht oder man zumindest einen ersten Einstieg findet.“ Eigeninitiative? Keine Spur! Denn sie wissen nicht, was sie wollen. Und weil sie nicht wissen, was sie wollen, versuchen sie erst gar nicht zu wollen. Größer als der Versuch etwas zu tun ist die Angst. Genauer – die Absturzangst. Und wer Angst hat abzustürzen, wird niemals fliegen.

Man stelle sich einen kleinen Vogel vor, der längst flügge geworden ist und vor lauter Angst seine kleinen Flügel zu entfalten, das Nest nicht verlässt. Er wird verhungern, denn die Vogelmutter wird ihn nicht mehr füttern. Die meisten Eltern in unserem Lande aber füttern ihre Kinder weiter, auch wenn sie längst flügge geworden sind. Damit begehen sie einen Kardinalfehler. Denn wer ewig gefüttert wird, lernt nie, sich selbst zu versorgen. Und er bekommt immer mehr Angst, es nicht alleine zu schaffen. Klar, weil er es ja nicht gelernt hat.

Angst lähmt. Und unsere Jugend ist gelähmt wie die meisten Erwachsenen. Sie ist haltlos, weil sie zu sehr gehalten wird, weil sie gepampert wird, auch wenn sie längst den Windeln entwachsen ist.
Das tut nicht gut, wie die Studie und das Leben zeigen. Das führt dazu, dass junge Menschen sich in einen narzisstischen Kokon verpuppen. Sie schaffen sich eine eigene, scheinbar heile Welt, die über den vertrauten Kreis von Familie und einigen wenigen Freunden, nicht hinauskommt. Das ist eine enge Welt, eine sehr enge Welt. Und sie bleibt es, trotz der vielen „Freunde“ in Facebook oder Schüler VZ. Nichts ist enger als eine virtuelle Realität. Sie ist Schein, kein Sein. Und Schein  ist nicht das Leben. Leben ist Bewegung und nicht mit dem Hintern vorm PC sitzen.

Scheinbares ist gefühlt brüchig, Scheinbares gibt keinen Halt, Scheinbares ist flüchtig und im Scheinbaren zu leben ist eine Flucht.
Wovor eigentlich? Vor der bösen Welt da draußen? Es ist wahr, die Zukunftsaussichten für junge Menschen sind nicht ideal. Sie sind sogar ziemlich mies. Aber ist es nicht viel mieser sich dieser Zukunft zu verweigern. Und fühlt es sich nicht mies an, sich zu verstecken vor dem Leben, vor sich selbst und den eigenen Begabungen und Fähigkeiten, der eigenen Kreativität, der eigenen Kraft und den unzähligen Möglichkeiten da draußen, und es nicht einmal zu versuchen den Sprung zu wagen?

Ist die Angst wirklich so groß oder ist es einfach Bequemlichkeit?
Ist es möglich, dass nicht nur aus Angst, sondern auch aus Bequemlichkeit Qualifikationen wahllos und schematisch angehäuft werden? Nicht aus Liebe zur Sache wird eine Ausbildung begonnen, wissen die Forscher der Studie aus hunderten von Interviews mit jungen Menschen. Das ist traurig und es ist genau das, was an den Alten verachtet wird, das Funktionieren um des Funktionierens willen, um des Status Willen oder eines fragwürdigen erfolgreichen Lebens Willen -  ohne Lust und Liebe zum eigenen Tun.

Wie wäre es, es den Alten endlich mal zu zeigen und es anders zu machen?
Es genauso machen, das kann nichts werden. Denn wer etwas nur tut, damit er eine scheinbare Sicherheit erlangt, wer einen Weg wählt, der ihm nicht entspricht, der wird nicht froh und by the way, schon gar kein Superstar in seinem Fach. Er wird höchstens unglücklich.

Aber was ist die Lösung?
Mut. Das ist die Lösung. Und Mut bedeutet, sich mit sich selbst zu beschäftigen, herauszufinden, was man wirklich will und was man am Besten kann. Und dann mutig dazu zu stehen und es versuchen. Mut heißt: seinen Weg zu suchen, anstatt sich an vermeintliche Sicherheiten zu klammern. Es gibt nämlich keine Sicherheit im Leben. Weder 1903 gab es die noch heute. Und kommt es darauf an? Ich sage nein, denn das Leben hat die Eigenschaft unsicher zu sein. Das Leben lässt sich nicht berechnen. Das einzig Sichere ist die Veränderung, und das Einzige, was uns ganz sicher gehört, ist das, was in uns selbst steckt, was uns von Innen hält, wenn alles andere wegfällt.

Hand aufs Herz, wollt ihr Jungen, das was ihr an den Alten verachtet, endgültig ins eigene Leben lassen und euch am Ende gar selbst verachten, oder habt ihr den Mut euer eigenes Leben zu gestalten? Ihr habt die Kraft! Ich wünsche mir für Euch und für diese Welt, dass ihr endlich anfangt, an Euch zu glauben, mutig die Flügel auszubreiten und zu fliegen. Auch auf die Gefahr hin, einmal abzustürzen. Es gibt Schlimmeres. Ich weiß es aus eigener Erfahrung.




Sonntag, 23. Dezember 2012

ein Platz ...




es gab eine sehr lange zeit, in der ich heimweh hatte. nach der heilen familie, die es nicht gab. nach einem platz in der welt, den es nicht gab. und die ganze zeit dachte ich, verdammt, irgendwo in der welt muss es doch einen platz für dich geben, wo es sich anfühlt wie angekommen sein. 

heute morgen stehe ich auf und mache, was ich jeden morgen mache: ich mache mir einen espresso mit milch, schmiere honig und butter auf ein brot, trinke espresso mit milch, esse mein brot mit honig und schreibe meine morgenseiten. während ich schreibe, habe ich das gefühl, irgendwas ist anders an diesem morgen. ich kann es eine weile nicht benennen. es fühlt sich an, als sei etwas nicht mehr da, was immer da war. und dann weiß ich, was fehlt. das heimweh fehlt. es ist weg. einfach weg. ich spüre nach, frage mich, ob ich es mir nur einbilde. ich neige dazu mir dinge einzubilden. eine stunde später sitze ich hier an meinem schreibtisch und denke, verdammt du bist angekommen, an einem schreibtisch. du schreibst. das ist dein platz und er fühlt sich gut an.

Samstag, 22. Dezember 2012

Frieden auf Erden ...


ja, es ist möglich! ...
http://www.youtube.com/watch?v=dmDJrOzETuw

ich danke euch allen, die ihr meinen blog lest, für eure wertschätzung
und wünsche euch
ein friedliches weihnachten

angelika

Donnerstag, 20. Dezember 2012

nach dem Untergang ...




es hat sich lange angekündigt und längst herumgesprochen: die welt geht unter. alle sprechen drüber. es passiert ja nicht oft, dass die welt untergegehen soll.

wenn es denn so sein sollte, ist das die letzte party, die wir nicht absagen können. no way. hey, eine riesen überraschungsparty mit ungewissem ausgang, da ist doch mal was ganz besonderes, leute! nichts wie hin und gespannt sein, wie sie denn nun untergeht, die welt. dabei sein, mit untergehen! wir feiern den kollektiven untergang! das kann ja heiter werden.

ich frage mich - wie könnte der untergang denn aussehen?
löscht sich die welt einfach aus, wird sie vom lieben gott mit einem fingerschnipsen weggebeamt, weil er dem, was hier abgeht nicht mehr zugucken kann ohne zu verzweifeln, oder gibt es einen fürchterlichen knall, ein erdbeben, eine feuersbrunst, eine flutwelle, oder was?

ich habe keine ahnung und ehrlich - ich wills auch gar nicht wissen, dann wäre ja die überraschung futsch.

wenn die welt morgen endet habe ich also noch einen tag zeit, um auf dieser welt zu erledigen, was ich noch erledigen will.

was will ich noch erledigen?
hm. die selbe frage würde sich mir stellen, wenn ich wüsste, dass morgen meine persönliche welt untergeht. und die geht für mich definitv dann unter, wenn ich das liebste verlieren würde. meinen lieblingsmenschen. meine eigene kleine welt ist schon so oft untergegangen, dass ich mich wundere, die untergänge überlebt zu haben. aber das ist eine andere geschichte und alle, deren persönliche welt schon einmal untergegangen ist, können ihre geschichte davon erzählen. die welt ist voll von diesen geschichten.

zurück zum thema: morgen geht die welt unter!
was werde ich noch tun, vorher?

gar nix! ich habe getan, was ich konnte. was mir möglich war, mit meinen mitteln.
mehr war nicht möglich. das ist genug, finde ich.
also, wenn es so sein soll - soll sie meinetwegen untergehen, die welt.

einen vorteil hat das allerdings: mit all dem guten in dieser welt geht auch das böse unter.
so gesehen passiert dann genau das, was wir uns alle so sehnlich wünschen - es herrscht endlich frieden im universum.

Dienstag, 18. Dezember 2012

LIEBE


liebe ist nicht allmächtig. das ist eine illusion. 

aber liebe ist die mächtigste kraft, die uns das leben schenkt.

Montag, 17. Dezember 2012

Angst VII






angst ist der albtraum, der uns von unserem traum trennt

angst macht uns zu verlierern, wo wir sieger sein könnten

angst macht uns zu mitläufern, wo wir vorangehen könnten 

angst macht uns zu jasagern, wo wir neinsager sein müssten

angst macht uns zum opfer, wo wir uns wehren müssten

angst macht uns zu zerstörern, wo wie erneuerer sein könnten

angst macht uns klein, wo wir groß sein könnten

angst macht kompromißbereit, wo wir uns durchsetzen sollten

angst macht entscheidungsunfähig, wo wir entscheiden wollen

angst macht gefügig, wo wir souverän sein könnten

angst macht handlungsunfähig, wo wir handeln sollten

angst macht ohnmächtig, wo wir mächtig sein könnten

angst macht eng, wo wir weit sein möchten
angst gebärt schatten, wo licht ist

angst ist eine fessel, die leben abschnürt ...

Sonntag, 16. Dezember 2012

auseinander gelebt



auseinander gelebt, dachte ich schon bei der begrüßung.
es genügte sie zu sehen, das miteinander reden hätten wir uns sparen können. das geht mir in letzter zeit häufiger so, ich treffe jemanden, den ich von früher kenne und mich trifft dieses gefühl. man hat sich nicht viel zu sagen über das jetzt, redet sich in die vergangenheit, die verbindung schafft. einen drink lang geht das ganz gut und dann ist da diese leere, die man krampfhaft mit worten zu füllen sucht.

man lebt sich auseinander, egal ob freund oder paar. irgendwann ist da diese messerscharfe trennung zwischen ich und du und du fühlst dich beschnitten um einen weiteren menschen, der dir einmal wertvoll und wichtig war. wertvoll bleibt, wichtig vergeht. so fühlte sich das an, beim zweiten drink.

mensch, was hat die zeit aus uns gemacht, fragte sie, dachte ich und blieb sitzen, wo ich gern aufgestanden wäre mit einem adieu und einem, dir alles liebe. sitzend trinkend breitete sich eine müde langeweile in mir aus. auch das habe ich immer öfter, dieses gefühl einer müden langeweile. wie eine laue brise hüllt es mich ein. an schlechten tagen lähmt es mich. auch beim schreiben lähmt es mich, und das macht mir kummer. es schreibt sich nicht mehr mit leichtigkeit, die worte klemmen irgendwo in meinem hirn und lassen sich nur quälend herausbefördern. das dachte ich, beim dritten drink, der eindeutig der eine zu viel war. ich schüttete drinks in mich hinein, weil es so leer war in mir, als ich meinem gegenüber gegenüber saß und nichts fand, was mich erfüllte. habe ich zu viel erlebt, zu viel gelebt? man hat doch nie genug gelebt. ich will noch was erleben, habe ich gedacht, und mir war klar, dass zu dem, was ich noch erleben will ein langweiliges abendessen beim teuren italiener nicht gehört. ich habs durchgehalten. gibt schlimmeres, weiß ich. schlimm war es ja nicht wirklich. nette leute haben nichts schlimmes an sich.

es liegt sicher an dir, sagte ich mir, dass du dich so schnell langweilst. früher hast du dich nicht gelangweilt, da war gar keine zeit für ein derart unseliges gefühl. du hast gekämpft, weil es viel zu kämpfen gab. vielleicht hast du dich so sehr an die rolle der kämpferin gewöhnt, dass es dir jetzt schwer fällt einen sinn zu finden, ohne weiter das unselige bedürfnis nach dieser rolle zu haben. hör auf, ermahnte ich mich, das kann nach hinten los gehen, wenn das universum dein bedürfnis ernst nimmt, schickt es dir ein unglück, damit du wieder deine rolle spielen kannst. bei dem gedanken war ich schon so betrunken, dass ich ihn mit nicht mehr weiter denken wollte. ich habe mich verabschiedet und bin nach hause. müde.

Mittwoch, 12. Dezember 2012

gefühl



seltsames gefühl
seltsam gefühltes
namenlos gefühltes
fremdes im eigenen
nicht verstandenes
unteilbares
seltsames gefühl

Dienstag, 11. Dezember 2012

geld oder freiheit?





entscheidungen treffen gehört zum leben. eine einfache wahrheit. nein, nicht einfach, denn nichts fällt uns schwerer als folgenschwere entscheidungen zu treffen. entscheidungen, die auswirkungen auf unsere gegenwart und unsere zukunft haben. entscheidungen, die, haben wir sie getroffen, unsere leben in eine vollkommen andere richtung rücken.

manchmal ist es einfach uns zu entscheiden. dann, wenn diese entscheidung mit einem klaren ja aus dem bauch heraus getroffen werden kann, wenn sich da etwas vor uns auftut, was wir uns erhofft oder gewünscht haben, oder wenn wir für eine sache hart gearbeitet haben. dann ist es einfach uns zu entscheiden. dieses ja ist dann das zustimmen zum ergebnis dessen, was wir angelegt haben, in unserer welt.

von diesen entscheidungen spreche ich nicht.
ich spreche von jenen, denen wir schon beim wählen mit zweifeln begegnen.

jene, bei denen wir die qual der wahl erleben, am ganzen leib, im kopf und im bauch -  im widerstreit zwischen kopf und bauch. das sind die schwersten, das sind die, bei denen sich alternativen auftun, die bedeuten: das eine geht nicht ohne das andere, und beides ist nicht vereinbar. auf eins musst du dann verzichten. sich hier entscheiden bedeutet etwas auschließen, was uns viel bedeutet.
es bedeutet - etwas wird anders, vielleicht besser, vielleicht auch nicht. aber etwas, was dir wichtig ist, wirst du nicht mehr tun können. vielleichtchen entscheidungen sind das, und sie sind ein größeres übel als wir glauben mögen.

wenn die wahl bedeutet, etwas aufgeben zu müssen, was uns viel bedeutet, um etwas zu bekommen, was auch viel bedeutet, nur anders, dann wählt es sich schwer.

eine solche entscheidung könnte sein: geld oder freiheit. mit freiheit meine ich innere freiheit.

nun meinen viele, geld bedeutet freiheit. die erfahrung zeigt - nicht unbedingt. wenn ich mein geld mit dem verdiene, was mich ausmacht, was ich mit freude mache, was mir sinn gibt, dann ist geld freiheit. die freiheit der unabhängigkeit von finanziellen beschränkungen, die sehr unfrei machen können.

aber, wenn wir geld verdienen nur um des habens willen, oder um uns und anderen den eigenen wert zu beweisen, dann macht uns das in höchstem maße zu einem unfreien menschen. es macht uns zu knechten anderer, deren arbeit wir tun um lohn zu empfangen. so funktioniert unser system. wir stecken alle drin, es sei denn, es hat uns aussortiert, oder wir uns.

von dem geld, für das wir unsere arbeitskraft verkaufen, kaufen wir uns dinge, um diesem sinnlosen verkauf unserer (arbeits) kraft einen sinn zu geben. wir wollen uns belohnen, dafür, dass wir dinge tun, die wir eigentlich gar nicht mögen, dinge, die unserem innesten weder entspringen noch entsprechen.

ist es das wert? dieses geld, das vom kompensationsmittel zum gleitmittel wird, das uns an uns selbst  abrutschen lässt. wohin? in eine maschinerie von funktionieren.

oh ja, ich weiß - das leben kostet geld. die frage ist nur - wie viel kostet es denn? was brauchen wir und was nicht? brauchen wir luxus, den wir uns gönnen, weil wir uns das, was wir uns wirklich gönnen wollen, nicht gönnen können, weil wir ausgelaugt sind, weil wir müde sind und erschöpft vom hasten und rennen, dem hinterher, was uns dann den zweifelhaften luxus verschafft?

sind wir dann zufriedene konsumenten? was für ein ausdruck - zufriedener konument sein. ist das menschlich? im höchsten grade dekadent ist das, denn wir zerfallen beim konsumieren im innersten, das eigentlich nichts anderes will als SEIN. sein sein entfalten, seinem wesen, seinen begabungen und potentialen entsprechend.

für geld werden sogar seelen verkauft. ich kenne ein paar seelenverkäufer. sie gehören zu den wohlhabendsten und zugleich unglücklichsten menschen, die ich kenne. ihr leben ist voll mit dingen, innen ist es leer. ausnahmen bestätigen die regel.

das jagen nach dem geld, das besitzanhäufen um des habens willen, weil die seele an andere verkauft wird und sich seelenheil nun mal nirgends kaufen lässt, macht krank, genau diese seele und den körper in folge.

wollen wir das?
ich weiß nicht, was wir wollen, das maße ich mir nicht an. jeder wie er mag. ich weiß, was ich will. ich will meine besten eigenschaften vervollkommnen. ich will, was mir an potentialen und begabungen geschenkt wurde entfalten und weiter entwickeln und sie weitergeben. damit verdiene ich wenig geld. aber ich lebe trotzdem, weil das universum bisher schützend seine hand über mich gehalten hat, weil es menschen gibt, die an mich glauben, die mich mit taten und ihrem dasein unterstützen, bei dem, was ich tue. das ist luxus. ich weiß das. luxus insofern, als ich die freiheit habe, das zu tun, was ich liebe und was ich tun muss, weil ich nicht anders kann.

das macht mich nicht wohlhabend. aber es macht mich wohl innen. ich habe nichts an werten, ausser dem, was ich selbst geschaffen habe, aus mir heraus, mit meinen händen und meinen gedanken. im sinne dieser gesellschaft bin ich arm an haben. aber ich bin reich an sein, und das kann mir kein geld abkaufen.


Montag, 10. Dezember 2012

Eine miese Nacht






ich hatte eine miese nacht. mitten drin bin ich aufgewacht. ich fühlte mich unsicher im eigenen bett. das kommt normalerweise nie vor, dass ich mich im eigenen raum nicht sicher fühle. 

ein geräusch riss mich aus dem schlaf. hat sich angehört wie ein lauter knall. noch schlafduselig war mir nicht klar, was genau das für ein knall war und woher er kam. ich sah auf die uhr. es war zwei. normalerweise knallt um diese zeit, da wo ich wohne, keine autotür mehr. ok. also ein einbrecher möglicherweise. 

ich habe schon mal einen einbruch erlebt, da war ich zwanzig und wohnte in einer studentenbude über einem tabakwarenlanden mitten in der mainzer altstadt. unten die einbrecher, die ich rumlaufen hörte, oben ich, allein. mir ging der arsch auf grundeis. ich hatte eine scheiss angst, dass die, nachdem sie den laden ausgeräumt haben, die treppe hochkommen und nachsehen, was es hinter meiner verschlossenen tür noch zu klauen gibt. ich stand da wie gelähmt, das ohr die tür gedrückt, und betete zu gott, er möge mich beschützen. er hats gehört. die kamen nicht nach oben, um mich auszurauben oder mir gar schlimmeres anzutun. am morgen kam dann die polizei und fragte, ob ich was bemerkt hätte. der laden war komplett ausgeräumt worden. ich zog dann da aus, weil ich mich nicht mehr sicher fühlte und weil es sowieso eine miese bude war. aber so was sitzt. das ist erlebte, gefühlte erinnerung und die lässt sich prima abrufen, wenn sie getriggert wird. letzte nacht war das so.

ich saß senkrecht im bett und lauschte auf verdächtige geräusche. da gabs eine menge von. die heizung im bad, die längst entlüftet gehört, gluckste. mein magen grummelte, in meinen därmen  brodelte es und mein herz klopfte bis in die ohren. hoffentlich hört das der einbrecher nicht, dachte ich. gleichzeitig dachte ich, wie blöd ist das denn, der kommt durch die tür, egal, obs bei dir grummelt oder nicht. 

ich suchte mein handy, das ich vorm schlafengehen immer auf das tischchen neben dem bett lege, falls mal was sein sollte. es lag nicht da. ich hatte es in der handtasche gelassen. es lag hinter meiner verschlossenen schlafzimmertür auf dem stuhl im arbeitszimmer. fuck, auch das noch. verdammt, dachte ich, wenn da jetzt wirklich einer in meine bude eingebrochen ist, was auch nicht ganz unwahrscheinlich ist, ich wohne in einer ziemlich einsamen gegend, was mache ich dann ohne handy? ich kann nicht mal die polizei rufen. die angst hatte mittlerweile alle zellen meines körpers überflutet. ich saß wie festgetackert im bett. da saß ich eine verdammt lange weile. und die ganze zeit lauschte ich wie elektrisiert, ob da draussen im anderen zimmer einer meine sachen einsackt. na, auch egal, sind nur sachen, dachte ich, soll er haben, aber mich soll der nicht kriegen. ich hab noch was vor in diesem leben. 

ich lauschte weiter. es war still. unheimlich still nach dem unheimlich lauten knall.

das einzig laute waren die gluckernde heizung und das blubbern im magen, das immer lauter wurde. du hast verdammt schiss, wende, dachte ich, und dass ich das verdammt gut kenne. schiss, vor so manchem hab ich die. mit anderen worten, ich bin eine angstpersönlichkeit, neben allem anderen, was ich sonst noch bin. ich habe es mit der angst und sie hat es mit mir. und machmal frisst sie mir an der seele und am ende wird sie sie auffressen wollen. aber das will ich nicht. das habe ich auch gedacht wie ich da saß, in meinem bett und mir vor angst fast in die hose geschissen habe. irgendwie bin ich dann so richtig sauer geworden auf die scheiss angst und auf mich, die sich von ihr klein machen lässt, immer wieder. ich bin aufgestanden, leise, damit mich der einbrecher, falls da doch einer war, nicht hört. ich bin ins bad, hab die haarschere gegriffen, bin zur schlafzimertür und hab sie aufgeschlossen. 


nichts war da. kein einbrecher. nur ich war da, eine lächerliche figur mit einer schere in der hand, mitten in der nacht, im kampf gegen die eigenen geister.


ich habe mir erst mal ne kippe angezündet und sie genüsslich geraucht. dabei kam mir der gedanke: scheiss drauf, egal wie lächerlich du dir jetzt vorkommst, wenn da wirklich einer gewesen wäre, bist du ganz schön mutig.

Samstag, 8. Dezember 2012

beschützen




wir lieben
wir wollen das geliebte beschützen

keep from harm what we love

wir können es nicht

we have no choice

es gibt das schicksal 
und es fragt nicht 
was wir wählen

es wirkt
von irgendwo

in uns 

durch uns 

in den anderen hinein

auch das?

ja auch das.



Freitag, 7. Dezember 2012

kann sein, kann nicht sein ...




boah. ich wusste es. je näher dieses weihnachtsfest an mich heranrückt, desto melancholischer werde ich. ich könnte jetzt sagen, das vergnügen traurig zu sein, wie es victor hugo, so treffend beschrieb, hat mich erfasst.

aber nein, kein vergnügen ist´s, denn in meiner melancholie liegt eine tönung von trauer. die ist wahrlich kein vergnügen. ich bin traurig, weil wieder ein jahr leben zu ende geht, weil ich wieder nicht geschafft habe, was ich mir am anfang des jahres heldenhaft und zuversichtlich ins tagebuch geschrieben habe, weil ich wieder ein jahr verlebt habe und der rest meines lebens wieder ein stückchen zusammenschrumpft. fazit: ich bin nicht fröhlicher geworden, nicht leichter, nicht erfolgreicher, ich habe nicht gesünder gelebt. die kippe glimmt auch jetzt im aschenbecher, während ich schreibe. ok, ich habe viel dazu gelernt in diesem jahr. das meiste war schmerzhaft, weil ich nicht hören will und besser fühlen kann. selbst schuld. ach ja, die schuld. auch sie hat mich in diesem jahr begleitet. jedes mal, wenn sie sich groß vor mir aufrichtete, habe ich sie gefragt, was sie immer noch von mir will, nach all der zeit, jetzt wo es doch gut ist, was ungut gewesen ist. sie will mich traurig machen, gedacht und irgendwann begriffen, dass sie mich lähmen will. sie lähmt, wenn ich sie nicht endlich los lasse, gedacht. ich habe geschafft sie manchmal loszulassen, über lange strecken sogar. sie ist kleiner geworden. die traurigkeit nicht.

in diesem jahr habe ich viel zeit mit meiner traurigkeit verbracht. auf dem papier, oder ich habe sie in die dateien des mac gepackt. schwarz auf weiß. und sie mir angesehen. ich habe sie wohl so lange angesehen, dass sie mir eine gute freundin geworden ist. es scheint, sie gehört zu mir und ich vermute mal, sie wird bei mir bleiben.

manchmal wenn ich rausgehe, denke ich, wende, sag mal, siehst du das nur so oder sind hier überall idioten unterwegs? das ist fies von mir, ich kenne die ja alle nicht, die, die ich für idioten halte. vielleicht bin ich der idiot. kann sein, kann nicht sein.

überhaupt, alles kann sein und alles kann nicht sein und alles kann anders sein. anders, als ich mir das denke, fühle oder wahrnehme, weil ich so denke, wie ich denke.

nein, das altern macht mich nicht milder. ich werde zynischer. auch das macht mich traurig. denn zynismus macht nicht schöner. er schneidet scharf ins gesicht. genau um den mund herum. der zieht sich dann nach unten. sieht nicht gut aus. sieht bitter aus. manchmal gucke ich in den spiegel und ertappe mich dabei, wie ich bitter gucke. dann verziehe ich den mund zu einem lächeln, das ich mir selbst nicht glaube. traurig ist das.

wenn du öfter so verbittert guckst, kannst du dich am ende selbst nicht mehr leiden, dachte ich, als ich dieser tage im bus saß und runter von meinem berg in die stadt fuhr. was sein musste, denn ich hatte etwas wichtiges zu besorgen. ich dachte es, als ich die frau sah, die mir gegenüber saß. eine mit genau diesen mundwinkeln, etwa in meinem alter. sie saß da, guckte die ganze zeit auf ihre schuhe und nahm nichts von dem wahr, was um sie herum passierte. nur ein mal, als an einer haltestelle eine junge mutter mit einem schreienden kleinkind zustieg, hob sie den blick, sah in richtung schreiendes kind und schüttelte mit einem bösen blick den kopf. das zog die mundwinkel gleich noch ein bisschen mehr nach unten.

ich weiß nichts über das leben dieser frau. ich habe keine ahnung, was sie so bitter aussehen lässt. aber ich weiß genug über mein leben. und ich bin mir bewusst, dass ich so nicht aussehen will. ob ich das schaffe?

als ich dann aus dem bus ausstieg und mich in die masse begab, die mich wie ein insekt in ihren schwirrenden schwarm aufnahm, dachte ich, hier will ich nicht sein. alles grau, trotz weihnachtsbeleuchtung. seltsam. das ist jedes jahr so. weil es so ist, oder weil ich es so sehe? auch das weiß ich nicht. aber ich fühle dieses grau, das sich ausbreitet in den seelenspiegeln gesichter. das ist traurig, neben all dem traurigen in mir. und ich sitze hier, weiß, dass ich heute abend auf die bühne gehe und meine melancholische performance zum weltuntergang machen werde, und frage mich: ist das in mir, bin ich der spiegel, oder das aussen? dringt das aussen in mich und spiegelt sich dann im aussen wieder?
traurig, es nicht zu wissen.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Ein Geschenk






nikolaustag. draussen liegt schnee an diesem 6. dezember 2012.

ich erinnere mich an die zeit, als mein sohn klein war und es am morgen nicht erwarten konnte zu gucken, was da alles in seinem stiefel war, den er am abend vorher in den flur gestellt hatte. aufgeregt mit roten backen und dem festen glauben daran, das der nikolaus ihn nicht vergisst.

das ist lange her. sehr lang. mir wird wieder einmal klar, wie schnell die zeit vergeht und damit auch dinge, die wesentlich sind in einem leben. meinem leben.

heute steht kein stiefel mehr im flur.
ich spiele den nikolaus und schicke meinem sohn ein päckchen. alle jahre wieder. er freut sich über das päckchen und über die altmodische mum, die rituale nicht vergisst. ich kann seine freude nicht sehen, wie damals. mein sohn wohnt weit weg. aber ich spüre sie. ich sehe sein lächeln vor mir. ich weiß, dass auch er sich erinnern wird, an seinen stiefel im flur an jedem 6. dezember, den wir miteinander hatten.

ich halte fest an ritualen, in einer zeit, die sie immer weiter verdrängt, an den rand der schnelllebigkeit. ich tue das, weil rituale die zeit für einem moment still stehen lassen. in der erinnerung holen sie sogar zeit zurück. kinderzeit. die meines sohnes und sogar die meine.

für einen moment in der zeit halte ich inne und hole mir bilder in den kopf. aus meinem leben. es sind schöne bilder. mit ihnen wiederholen sich die schönen gefühle aus dieser  dieser zeit. das ist ein geschenk. mein wertvollstes geschenk an diesem nikolaustag.

Sonntag, 2. Dezember 2012

Mittwoch, 28. November 2012

welt unter gang




ich schreibe
schrei (b) e mir die seele raus 
schwarz auf weiße unterlagen

ich muss mich beeilen
die welt geht unter

ich schreibe 
obwohl sie untergeht

wenn sie untergeht
wird das keiner mehr lesen

also macht es keinen sinn, das schreiben
könnte man sagen

ich könnte das sagen
ich schreibe 
ob die welt untergeht
oder nicht

ich schreibe
weil ich sonst vorher untergehe.

Dienstag, 27. November 2012

WUT






 wut 
auf das
was ich sehe
was ich höre
was ich spüre
 wenn ich raus gehe
offenen auges

wut
auf die grauen gestalten 
an bunten plastiktüten klebend
mit verlorenem lächeln 
wann
wo
warum

wut
weil die einen nichts haben
und die anderen zu viel 

wut
weil ich weiß
dass alle wissen
dass es so wie es ist ungut ist
und nichts tun

wut
wenn ich sehe
wie ungerecht das leben sein kann
und wahllos in seiner zerstörung

wut 
wenn ich die dankbarkeit vergesse
dafür, dass ich lebe
 ein dach über dem kopf habe
und vergesse
dass es keine selbstverständlichkeit ist

wut 
wenn ich meine ohnmacht begreife
die sich an worten festhält und nichts verändert

wut 
zu sehen
wie sie sich die liebe wünschen
und nicht einmal wissen
was die liebe für sich für sie wünscht




Freitag, 23. November 2012

FREIHEIT III





freiheit ist 
tun, was man tun muss, was drängt, von innen ins aussen
ohne darüber nachzudenken, was andere denken

freiheit verträgt
keine ziele, keine pläne und keine erwartungen

freiheit ist 
absichtsloses tun
niemals orientiert an einem etwas, was aus dem tun werden könnte, 
werden sollte oder werden muss

freiheit ist
unabhängig sein von der anerkennung durch andere

freiheit ist
flow
es fließen lassen

freiheit ist 
fraglos
dem inneren fluß folgen


Donnerstag, 22. November 2012

so einfach ...


anna saß am frühstückstisch und rührte in ihrem milchkaffee. ich versuchte sie anzusehen ohne, dass sie es bemerkte. früher, ganz am anfang, hatte ich sie angesehen und meinen blick nicht verborgen. bis sie mir sagte, es mache sie unsicher angesehen zu werden und dass sie sie sich dann beobachtet fühlte. ich musste sie ansehen, ich konnte nicht anders, tat es weiter, unbemerkt, wie ich glaubte. sie bemerkte es doch. auch an diesem morgen bemerkte sie es.

hör auf mich anzustarren, paul, du weißt wie ich das hasse, schnauzte sie mich an, mit ihrer üblen morgenlaune, aus der sie der kaffee nicht retten konnte. ich brauche menschenleeren raum, setzte sie nach, sonst ersticke ich. ich sollte gehen, hieß das. paul musste gehen, weil anna menschenleeren raum zum atmen brauchte. was ich dabei fühlte schien ihr egal zu sein.

ich nahm meine tasse, ging ins andere zimmer und öffnete das fenster um eine zigarette zu rauchen. gut, ich würde gehen, sie allein lassen mit ihrer schlechten laune. ihre laune würde sich bessern, ich kannte auch das. wenn anna eine zeit lang alleine war ging es ihr besser. es war als würde sie dabei auftanken, kraft sammeln. ich fragte mich, wieso sie ihre kraft nicht spüren konnte, wenn ich bei ihr war? ich atmete den rauch der zigartte aus und blies graue wölckchen gegen das grau des novembermorgens.

sie war eben anders als ich, der die nähe liebte, dem es gefiel am morgen in ein gesicht zu blicken, zu lächeln, dankbar dafür, dass da dieses andere gesicht war,  ich nicht allein war. ich war nicht gern allein, etwas anderes zu behaupten wäre gelogen. ich konnte zwar gut alleine sein, aber immer war da die sehnsucht, die dinge und die gedanken teilen zu wollen. für anna war alleinsein ein grundbedürfnis wie essen, trinken, schlafen oder atmen, eben. ich dachte, man hätte sie eher in eine einzelzelle stecken können, als in einen vergnügungspark einschließen, das wäre für sie die härteste strafe. wir stritten immer dann, wenn wir viel zeit miteinander verbracht hatten. sie hielt meine nähe höchstens drei tage hintereinander aus, dann kam der moment, in dem sie unruhig wurde. es war eine aggressive unruhe, die sich im raum ausbreitete wie ein giftiger nebel. darin verschwand sie langsam, bis sie unsichtbar zu werden schien.

ich ärgerte mich, dass ich den moment wieder einmal verpasst hatte. ich hätte weg sein müssen an diesem morgen und war geblieben. sie machte es mir nicht leicht, weil sie schwer war und ich wurde schwer, weil ich es ihr nicht leichter machen konnte. dabei wäre es so einfach, dachte ich, wenn ich mit leichtigkeit früher gegangen wäre, an diesem morgen.


Mittwoch, 21. November 2012

Die Liebe bewahrt nicht




es war einer dieser tage, an denen ich sie nicht mehr fassen konnte. anna bewegte sich von mir weg. in wahrheit bewegte sie sich von allem weg. in dieser wegbewegung, die schleichend vor sich ging, lag etwas unheimliches. etwas, das mir angst machte. ich spürte, dass sie auch angst hatte. es war eine angst ohne namen.

ich erinnerte mich, wie sie ein mal zu mir sagte: gib der angst ein gesicht, schau sie dir an und dann sprich mit ihr, frag sie, wer sie ist, woher sie kommt, wie alt sie ist oder welches bild von einem unbekannten morgen sie dir malen will. das macht sie kleiner, weniger bedeutungsvoll. du beobachtest sie und das heißt, du hast die macht und nicht sie.

es hatte lange zeit funktioniert. es funktionierte nicht mehr, nicht bei anna und nicht mehr bei mir und das machte mir noch mehr angst. ich hatte angst sie zu verlieren. nicht an einen anderen mann, das hatte ich oft befürchtet, ja, sogar erwartet, ich verlor sie an sich selbst und das jeden tag mehr. ich wusste nicht, was dieses selbst war an das ich sie verlor. wie konnte ich es auch wissen, ich wusste nicht ein mal wer ich war. ein konstrukt meiner konstruktion eines selbst mit dem ganzen ballast meiner geschichte, die ich in mir trug? wer ich wirklich war? ich hatte keine ahnung. ob sie es wusste, ob sie wusste, wer sie war, wohin sie ging, wenn sie sich in sich selbst einschloss?

die fragen in meinem kopf brannten wie ein feuer. warum war da so viel schmerz zwischen ihr und mir, wo doch liebe sein sollte? war es möglich, dass schmerz die liebe ausschloss?

der gedanke machte mir noch mehr angst. angst um mich selbst und um anna, die in ihrem schmerz zu versinken schien. ich würde sie verlieren, weil sie sich an sich selbst und diesen schmerz verlor, in einer weise, die das aussen verdrängte, bis es sich gänzlich verflüchtigen würde. wo wäre sie dann? in einer eigenen welt, die  sie unerreichbar machen würde, für sich selbst und für mich?

ich war ratlos in meiner angst. das machte sie noch bedrohlicher. anna war die bedrohung, schoss es mir in den kopf, für sich selbst, für mich und alle, die sie liebten. die liebe hilft nichts, dachte ich, sie bewahrt nicht vor leid, uns selbst nicht und die, die wir lieben nicht.





Montag, 19. November 2012

In diesem Moment


wie geht sterben, paul? sie fixierte meinen blick mit ihren braunen eichhörnchenaugen, die ich so liebte und die ich manchmal nicht ertragen konnte, weil mir die traurigkeit, die darin lag, das herz zerriss.

anna, ich weiß es nicht. woher bitte soll ich wissen, wie sterben geht? ich bin ebensowenig darin geübt wie du. sie gab mir ein bitteres lächeln. mit deinem sarkasmus machst du es nicht besser. wir müssen alle sterben, es ist ganz normal mir gedanken darüber zu machen, wie es geht. du nimmst mich nicht ernst. ich hasse es, wenn du mich nicht ernst nimmst.

ich beschloss sie ernst zu nehmen. sie hatte recht, manchmal nahm ich sie nicht ernst. es war reiner selbstschutz, um nicht verrückt zu werden. also? sie sah mich provozierend an. nimmst du mich jetzt ernst? ich nickte, spürte wie die wut in mir hoch kroch, diese hilflose wut, die sie in mir auslöste mit ihren dunklen gedanken. wie ich diese gedanken hasste. sie verschwanden manchmal für stunden. dann war sie ausgelasssen und lebendig wie ein kind. sie brachte mich zum lachen, sie brachte andere zum lachen, alles war gut und ich wünschte mir diese lebendige, lachende anna für mich und für sie. aber mein wünschen verlor sich in der realtität, die alles andere war als lachend, die mich allenfalls fies angrinste, als wolle sie mich verhöhnen.

pass auf, freu dich nicht. ihre mutter hatte ihr beigebracht, dass freude etwas war, dem man nicht trauen konnte, weil es niemals blieb. annas mutter hatte dem flüchtigen ein misstrauen zugrunde gelegt, das kind verunsichert, ihm angst gemacht sich zu freuen. freude war für anna ein vorbote des schlechten, das kommen würde, wie eine strafe für das schöne, das gewesen war. ich verachtete annas mutter dafür und an manchen tagen verachtete ich anna dafür, dass sie es nicht aus sich heraus bekam, dieses misstrauen. das misstrauen und anna schienen miteinander verwachsen. ich fragte mich, was passieren würde, wenn man es aus ihr herausrisse, aber ein herausreißen war sowieso nicht möglich. anna lebte mit dem misstrauen gegen das leben und ich lebte mit annas misstrauen unser gemeinsames leben.

ich spürte, wie sich das misstrauen gerade in eine große lebensangst verwandelte, einem dämon gleich, der die macht übernommen hatte. er sah mich fordernd aus annas eichhörnchenaugen heraus an. los paul, sag, was denkst du, wie geht sterben?

ich schnaufte tief durch, nahm mir eine kippe aus der schachtel, die auf dem tisch lag und zündete sie an. ich tat zwei tiefe züge. ich habe keine ahnung, anna. darüber denke ich nicht nach. ich lebe und du lebst, wir leben, jetzt, in diesem moment leben wir. also, was macht es für einen sinn über das sterben nachzudenken?

pah! sie fauchte mich an. dieser moment, mein lieber, ist schon vorbei.

anna, sei nicht kindisch. kein mensch weiß, wie sterben geht. du weißt, wie blödsinnig deine frage ist. man kann sterben nicht lernen. das lernst du dann, wenn es ans sterben geht. du sitzt hier mit mir am tisch. wir haben gut gegessen, wir trinken wunderbaren rotwein, wir hatten einen schönen tag und du sagst mir, du willst wissen, wie sterben geht.

ja, ich sage das, weil ich es wissen will.

ich kochte innerlich. am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte sie verlassen, in diesem moment, für immer. sie verdarb mir den abend. sie verdarb mir so viele abende. ich ließ mir die abende verderben und die tage und das leben, mein leben, das endlich war. ja, es war verdammt noch mal endlich. ich musste sterben und ich hatte keinen blasser schimmer, wann das sein würde.

ich kam runter von meiner wut. anna was ist los? ich machte den versuch, sie in den arm zu nehmen. sie schüttelte mich ab. was los ist? ich habe dich etwas gefragt und du tust nichts anderes, als mir klarmachen zu wollen, dass meine frage sinnlos ist.

das ist sie auch, anna. du kannst doch keine frage stellen, von der du genau weißt, dass es keine antwort gibt.

doch paul, das kann ich.

aha. ich war fassungslos. du stellst eine frage, auf die es keine antwort gibt und sagst, das kannst du. das wird ja immer sinnloser. anna, hallo! komm zurück. komm hierher in diesen moment. alles ist gut, jetzt in diesem moment ist alles gut!

sie nickte, o.k., jetzt bin ich in diesem moment, paul.

und, alles gut, anna?

in diesem moment frage ich mich, wie sterben geht.


Dienstag, 13. November 2012

Sicherheit





ich bin müde, sage ich zu ihm, müde von der anstrengung. ich hab es satt, wofür soll ich mich anstrengen? sie strengt mich an, die anstrengung. und weiß du, was die die größte anstrengung ist? sich der zukunft entgegen zu denken. wir planen und organisieren die zukunft, im glauben sie dadurch berechenbar zu machen. das ist anstrengend.

er klappt den laptop zu, sieht mich an, ich muss planen, das geht nicht anders. ich muss für meine zukunft sorgen, wir alle müssen das.

wenn ich an die zukunft denke, schiebt mich das von mir weg. das zukunftsdenken ist ungesund. es ist ungesund den tag in aufeinander folgende sequenzen einzuteilen, die sich mit zukünftigem beschäftigen. du hast einen termin und während du ihn hast, denkst du schon daran was er dir bringt und du denkst an den nächsten und was der dir bringt. ist das nicht anstrengend? du hast einen job zu machen und während du ihn machst, kümmerst du dich schon um den nächsten.

ja, aber wir funktionieren so, die wirtschaft, das ganze system funktioniert so.

ja, deine welt, die glaubt so zu funktionieren. und, wie geht dir damit?

er schüttelt den kopf, darüber denke ich nicht nach, ich muss funktionieren. wir alle müssen das.

und wir geht es allen damit?

keine ahnung, das interessiert mich auch nicht.

sie spüren sich nicht mehr. sich spüren sich selbst nicht und sie spüren die zeit nicht. wie wollen sie auch zeit spüren, die noch gar nicht stattgefunden hat? wer immer im zukünftigen denkt, dem geht das gefühl verloren für das, was jetzt ist, für das, was jetzt zu spüren ist, für das, was jetzt, in diesem moment ist und möglich ist. wer sich selbst nicht spürt ist unsicher.

es gibt keine sicherheit, meinst du, das weiß ich nicht. aber ich kann zumindest vorsorgen.

macht dich das sicherer, hast du das gefühl so sicherer zu sein?

nein, wenn ich ehrlich bin, nein.

da draußen herrscht eine große unsicherheit. und sie können deshalb keine sicherheit spüren, weil sie gedanklich in der zukunft hängen, ohne netz und doppelten boden. pläne sind kein netz, pläne sind möglichkeiten mit einem unbestimmten ausgang.

hör auf so zu reden, das macht mir angst.

ich weiß. wer sich immerzu in die zukunft denkt, wer sie planen will, wer sich absichern will, der hat angst. er hat angst vor dem unvorhersehbaren. wer sich an den moment hält, hat zumindest für diesen moment boden unter den füßen, und das lässt ihn einen kurzen augenblick erleben, dass es eine sicherheit gibt.




Montag, 12. November 2012

nacht

nacht
endloses labyrinth 
schweigend
sich verirren
im zweifel

schlaflos in der unterwelt




die nacht war kurz. in letzter zeit schlafe ich schlecht. ich träume viel, wache immer wieder auf und schlafe nicht wieder ein und um fünf uhr früh bin ich hellwach und todmüde zugleich. vielleicht liegt es daran, dass ich zu unregelmäßigen zeiten ins bett gehe. das ist ungesund, der mensch braucht einen schlaf-wach-rhythmus. wer keinen rhythmus hat, braucht sich nicht zu wundern, weder über schlechten schlaf noch über schlechte gesundheit. körper, geist und seele verlangen nach regelmäßigkeit. ich sollte mir das zu herzen nehmen, in meinem alter. langsam machen und gut für mich sorgen und das regelmäßig. regeln müssen her, regelnde regelmäßigkeiten, befindet mein erwachsenenich.

regeln? höhnt meine rebellische seite. du hast doch noch nie regeln befolgt. darum ist ja auch so einiges aus dem ruder gelaufen, meine liebe, meldet sich mein erwachsenenich. da ist was dran, muss meine rebellische seite zugeben, wenn auch ungern. also, du wirst ab heute regelmäßigkeit einführen, damit du noch ein paar jährchen hinter dich bringst, wäre doch schade um dich, meint mein erwachsenenich. die rebellion schweigt und denkt nach. das bedeutet disziplin, kommt es ihr nach einer weile, und die findet sie langweilig. mein erwachsenenich ist da anderer meinung. du brauchst deinen schlaf, wer zu lange schlafprobleme hat, wird sie nicht mehr los. das schleift sich ein, das manifestiert sich,
das macht krank. das führt zu tagesmüdigkeit, reizbarkeit, konzentrationsstörungen, deine leistungsfähigkeit nimmt ab, du bekommst magenprobleme, im zweifel herz- und kreislauferkrankungen, dein immunsystem wird geschwächt, ganz zu schweigen von den vorzeitigen alterserscheinungen und einer verringerten lebenserwartung, die so eine  dauerhafte insomnia mit sich bringt. oha, das hört sich gar nicht gut an, schluckt mein erwachsenenich, die unfrohe botschaft. und dann, mit erhobenem zeigefinger: also schaff ab sofort regelmäßigkeit und das heißt, dass du immer zur selben zeit ins bett gehst und aufstehst. na, dann wird das mit der alten noch langweiliger als es eh schon ist, denkt die rebellion und zieht sich schmollend zurück.

ich denke nach, denke, dass das sinn macht mit der disziplin und der regelmäßigkeit und dann wieder doch nicht, weil mein nichtschlafenkönnen damit nicht auschließlich zu tun hat. ich habe sorgen und das gedankenkarussell lässt sich nicht um des schlafes willen abstellen. außerdem, werde ich alt. das ist eine nicht zu leugnende tatsache, das altern ändert so manches in körper, geist und seele. da greifen die alten mechanismen nicht mehr, meine liebe rebellion, sage ich und dass ich deshalb auch vieles an sorgen nicht mehr so leicht wegstecke wie früher. im altern tritt etwas neues in unser leben und wir werden dünnhäutiger. ich vermute, dieses neue tritt seite an seite mit den sorgen auch nachts in mein leben, und das gesamtpaket lässt sich nicht wegschlafen.

es ist die unterwelt, die sich meldet im dunkel der nacht.
hm, wer sagt das jetzt eigentlich? ich vermute die erwachsene in mir. die rebellion will so etwas gar nicht denken. unterwelt, so ein blödsinn, hier oben spielen die musik und das leben. sie schmollt weiter.

ja, aber da unten landet das leben, und zwar das, was du am tag zu verdrängen suchst, weil es dich am funktionieren hindert. und da unten da klingt sie aus, die musik. das weiß mein unterbewusstsein und weil es klüger ist als ich, bereitet es mich langsam, ganz langsam, nacht für nacht auf den ausklang vor. die nacht ist nicht nur dazu da, schlaf zu finden, sie ist auch dazu da, uns selbst zu finden und das, was dieses selbst nicht ist. es ist die nacht, die uns in das reich der schatten führt, zu den schatten des ungelebten lebens in uns, zu dem was wir tun, weil wir es zu tun glauben müssen und es uns eigentlich überhaupt nicht entspricht. und zugleich hausen da unten die schatten des todes, die mich irgendwann einhüllen werden und dann ist es dunkel, sehr dunkel, so dunkel wie in morpheus armen und es wird nicht mehr hell. nie mehr. nicht umsonst heißt der tod schlafes bruder.

daran erinnern mich meine träume, die mich nachts besuchen, besonders die albträume, von denen ich aufwache, an meine schatten und ans abschied nehmen, dann, irgendwann und an das was nicht verwirklicht ist, wenn es dann soweit ist. ich muss zugeben, schwere themen lassen sich in der nacht besser anschauen als am hellichten tag. die schatten der nacht sorgen für ein umfassenderes begreifen gelebten lebens, sie erzählen mir über die, die ich bin, über die, die ich nicht bin, über die, die ich noch nicht bin und die, die irgendwann nicht mehr sein wird und vor allem erzählen sie mir von der, die noch immer in einem selbst steckt, das nicht ihr wahres ist.

da sind gedanken an das, was mich verfolgt, weil es nicht gelöst ist. da erscheinen bilder von menschen, die mich verletzt haben und bilder von menschen, die ich verletzt habe, da wird sie ganz groß die erinnerung. da melden sich schicksalsschläge, die ich nicht verdaut sind und schuldgefühle, die mich traurig und wütend zugleich machen. da erscheinen bilder von der, die in mir angelgt ist, von dem wunderbaren begabten, liebenswerten, kreativen, starken, mutigen kind, das in mir steckt und endlich spielen will und sich entfalten, anstatt das zu tun, was das angebliche leben von mir fordert oder irgendeines dieser glaubensmuster, denen ich noch immer nicht entkommen bin, mir einredet. jede zerreißprobe meines nächtlichen aufwachens verschafft mir zugang zu den schatten meiner unterwelt damit ich sie besser verstehen lerne, endlich mein wahres selbst erkenne, bevor es endgültig dunkle um mich wird, damit ich den den sinn begreife dessen was ist und war und frieden mache, damit ich, wenn mich die unterwelt endgültig holt, in frieden mitgehen kann.

das schaffst du nie, du und friedlich werden! springt die rebellion aus ihrem schmollwinkel hervor. ja, es ist möglich, dass mir meine schlaflosigkeit auch das zeigen will. mit regelmäßigkeit werde ich dagegen aber ganz sicher nichts ausrichten.