Freitag, 8. Februar 2013

fremd



er sah sie an, vorwurf im blick. sie lag im bett, die decke übers kinn gezogen, erschöpft von der krankheit. elend, selbstgemacht, sagte er, und dass es ihre gedanken seien, die falschen gedanken. daher käme das elend, das ewige unwohlsein. ihre gedanken seien die ursache. sie schwieg, zu müde zum antworten, zu müde um nach einer rechtfertigung zu suchen für die anklage.

du machst dich selbst kaputt, weil du falsch denkst. die worte fielen wie steine auf ihr innerstes. geröll, das noch schwerer machte, was schwer genug war. sie versuchte abzuwehren. der mund, müde vom reden, weigerte sich worte zu finden. überhaupt, dachte sie, wird zu viel geredet. überredet, zerredet. sie das fand das anstrengend. sie hatte wenig lust zu reden. sie war ausgeredet. was sie zu sagen hatte war in ihrem kopf ohne lautes mitteilungsbedürfnis. sie liebte die stille. hatte den rückzug gewählt, sich eingerichtet in ihrem leben. das bedürfnis raus zu gehen kam selten. es war das immer gleiche, was sie sah. ohne bezug zu ihr selbst. beziehungslosigkeit erschien ihr wie eine erleichterung. sie zog ihre eigenen kreise. störungen waren ihr zuwider.

du bist seltsam geworden, unterbrach er ihre gedanken. du vertrocknest wie eine blume vor ihrer zeit. du verwehrst dich dem leben, verbarrikadierst dich, umgibst dich mit toten. all die toten in deinen büchern. das ist kein leben. was ist denn ein leben, dachte sie und dass sie genug kannte, genug hatte, von dem, was er leben nannte. war es so schwer vorstellbar, dass sie genug vom genug hatte. sie fragte ihn das nicht, sie kannte seine antworten längst. es lohnte keinen versuch mehr. er hätte sie sowieso nicht verstanden. das ihre war ihm fremd und er ihr.




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