Montag, 30. September 2013

Aus der Praxis - Was hat das mit mir zu tun? - oder das Phänomen der Ich - Blendung

die frage - was hat das mit mir zu tun? ist eine frage, die uns gedanklich immer wieder auf uns selbst zurückwirft, im grunde ist sie eine zutiefst rationale und zugleich narzisstische frage, denn sie macht den, der so denkt zum mittelpunkt des universums, um den sich alles dreht, der alles verursacht, alles anzieht, alles auf sich selbst bezieht - das ich wird zum urgrund und dreh-und angelpunkt aller dinge.

glauben wir wirklich, das alles, was uns begegnet etwas mit uns zu tun hat, dass wir alles verursachen, was uns geschieht? dass wir für alles selbst verantwortlich sind, für unser glück und unser unglück? sind wir allmächtig oder sind das menschliche allmachtsfantasien?

wer sich bei allem und jedem fragt - was hat das mit mir zu tun?, zieht einen engen kreis um sich selbst. er lebt in einem seelenzustand egozentrischer selbstinzenierung, hochmütig und ohne demut vor dem, was größer ist als das eigene dasein. er lebt in einer welt der verleugung der großen zusammenhänge und wahrheiten, was eine verengung der über das eigene hinaus existierenden wirklichkeit nach sich zieht. sein blick ist vergittert, er zieht in einer spiralbewegung zu sich selbst hin und betrachtet stets bewertend alles in bezug auf das eigene sein. der kontakt mit einem gegenüber das anders denkt wird vermieden um die eigenen egozentrischen kreise nicht stören zu lassen, denn diese ertragen keine verunsicherung, die das selbstzentrierte weltbild ins wanken bringen könnten. schlussendlich führt dies zu einer radikalen inneren eindamkeit und dem gefühl nicht in diese welt zu gehören.

ein mensch, der sich ständig fragt - was hat das mit mir zu tun? -  schafft sich eine innere realität, die ichbezogen den empathischen kontakt zur wirklichkeit kontinuierlich demontiert und am ende vollkommen auschließt.

seine empathie für andere ist lediglich die projektion eigener befindlichkeiten auf äußere objekte die dem eigenen zu gleichen scheinen und auch nur auf diese regaiert er. es geht nicht um das mitfühlen mit anderen, sondern vielmehr fungiert hier unbewusst eine ich- blendung, die ihr narzisstisches licht auf der projektionsfläche des außen leuchten lässt um sich damit selbst zu spüren. das gefühl des objekts im außen wird nicht wahrgenommen sondern fungiert allein als resonanzfläche der eigenen emotionen und affekte. das surrogat der intrinsischen motive entlädt sich auf das außen und dient als manifestation und rechtfertigung eines egozentrischen in- der -welt -seins. die wirklichkeit ist nur noch abbild der eigenen realität und ihrer subjetiven bewertungen.

wahre empathie hingegen ist die suche nach dem, was andere bewegt, was ihre schmerzen sind und ihre freuden. bei dieser suche gibt es keine ablehnung, keine bewertung, keine verurteilung und keine erhöhung - es gibt nur ein tiefes verständnis und eine liebevoll zugewandte haltung. das ist nur möglich, wenn wir uns auf das paradigma einlassen, was andere fühlen, denken, sagen und tun, ohne es mit uns selbst abgleichen zu wollen und dem, was wir denken, sagen, tun oder fühlen, also fernab von unseren selbstbezogenen interpretationen und projektionen.


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